Kurzbesuch aus Israel:
Großrabbiner in Österreich
Der aschkenasische
Großrabbiner des Staates Israel, Rav Israel Meir Lau, reiste am 19. November
zu einem Kurzbesuch nach Österreich. Er traf dabei mit Bundespräsident
Thomas Klestil und Wiens Bürgermeister Michael Häupl zusammen.
Ursprünglich vereinbarte
Gespräche mit Wiens Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn und
Alterzbischof Kardinal Franz König wurden dagegen wieder vom Terminplan
genommen. König befand sich im Krankenhaus, Schönborn musste einem Begräbnis
beiwohnen, hieß es.
Rav Lau wurde 1937
in Polen geboren, überlebte das Konzentrationslager Buchenwald und kam
unmittelbar nach Kriegsende nach Palästina, wo er zum Rabbiner
ausgebildet wurde. Nach zahlreichen Aufgaben wurde Rabbi Lau 1982 zum
Mitglied des Rates der Oberrabbiner in Israel gewählt, 1993 schließlich
zum Oberrabbiner von Israel.
Zuletzt auf sich
aufmerksam gemacht hatte Rabbi Lau beim 15.Friedenstreffen der
Religionen in Barcelona, wo er auf die Bereitschaft der Juden in Israel
hinwies, mit Christen und Moslems in Frieden zu leben. Einzig das
Risiko, nicht überleben zu können, dürfe von Juden nicht eingegangen
werden, betonte Lau, der seinen Vater im KZ verlor. |
Das israelische
Großrabbinat als höchste religiöse Instanz des Landes steht unter der
Leitung von zwei Großrabbinern, die der sephardischen (orientalischen)
bzw. der aschkenasischen Richtung vorstehen. Meir Lau ist das Oberhaupt
der aus Mittel- und Osteuropa kommenden aschkenasischen Juden.
Lobende Worte für
Klestil fand Lau bereits vor dem Treffen mit dem Präsidenten bei einem
Hintergrundgespräch am Vormittag in der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG).
Klestil habe sich als Freund nicht nur Israels, sondern des jüdischen
Volkes gezeigt.
Konkreten Anlass für
seine Österreich-Visite gebe es keinen, betonte Lau auf Anfrage. Er
nutze jede seiner Reisen, um Kontakte mit Politikern sowie geistlichen
Führern zu knüpfen. Rav Lau hob insgesamt die Bedeutung des Dialogs für
den Frieden hervor. Diese Bereitschaft sei aber oftmals - der
Großrabbiner führte vor allem das Beispiel religiöser muslimischer
Vertreter an - nicht gegeben. |
Konflikte wie der
Nahost-Konflikt, aber auch die Auseinandersetzungen in Spanien, Irland, dem
Kosovo oder in einigen Ländern Afrikas könnten nur durch drei Elemente
gelöst werden, erklärte Lau. Diese seien: das Bildungssystem, das
Gespräch zwischen den geistlichen Führern der verschiedenen Religionen sowie
die entsprechende Vermittlung über die Medien. Wenn eine mathematische
Aufgabenstellung in einem Schulbuch für Sieben- bis Achtjährige laute, wie
viele Juden übrig bleiben, wenn etwa die Helden der Hamas in Nähe von Gaza
auf "fünf schmutzige Juden" treffen und zwei von ihnen töten, werde der Hass
immer weiter geschürt. Jegliches Blutvergießen dürfe aber nicht akzeptiert
werden, um Frieden zu erreichen. Und so lange der Hass immer neu angefacht
werde, nützten auch Handshakes auf Ebene der Staatschefs wenig.
An die religiösen Führer
appellierte Rav Lau in diesem Zusammenhang, die Leute nicht glauben zu
lassen, dass man sich etwa mit Selbstmordattentaten den Weg ins Paradies
ebne. Zu töten sei eine Sünde, das im Namen des Gottes zu tun und damit
diesen zu missbrauchen, sei eine doppelte Sünde.
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Hauptgegenstand der Unterredung des Bundespräsidenten mit dem
Großrabbiner waren die Normalisierung der Beziehungen zwischen
Österreich und Israel, die Bekämpfung des internationalen Terrorismus
sowie das Nahost-Problem. Beide Seiten brachten ihre tiefe Enttäuschung
über die mangelnden Fortschritte bei der Lösung des
israelisch-palästinensischen Konflikts zum Ausdruck. |
Was Österreich
beziehungsweise Klestil nun - vor allem im Licht der Attentate in den USA
vom 11. September - tun könne, sei vor allem in humanitärer Sicht zu helfen.
Lau unterstrich dabei vor allem die bereits seitens Österreich erfolgte
Vermittlertätigkeit zur Erreichung von Informationen über drei israelische
Soldaten, die am 7. Oktober 2000 aus dem zwischen Israel und dem Libanon
umstrittenen Gebiet an der Grenze zwischen Israel, dem Libanon und Syrien
von israelischem Territorium entführt wurden. Inzwischen hieß es, die drei
Männer seien tot, für die Familien gebe es aber immer noch keine Gewissheit.
Zum Vorgehen des
mutmaßlichen Drahtziehers hinter den Attentate vom 11.September, Osama bin
Laden, sagte Lau: ,,Adolf
Hitler hat 1938 den "Anschluss" mit der Suche nach "Lebensraum"
argumentiert. Osama bin Laden hat nicht einmal das getan".
Dezember 2001 - Kislew/Tewet
5762 / Gemeinde / Wien 12-2001
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