31.12.1908 |
Simon Wiesenthal wird in Buczacz, Galizien, damals Teil
Österreich-Ungarns, heute ukrainisch, als Sohn von Ascher und Rosa geboren. Ascher
Wiesenthal fällt 1915 im ersten Weltkrieg. Simon ist Mitglied der Haschomer
Hazair. |
1936 |
Simon Wiesenthal heiratet seine Schulfreundin Cyla
Müller |
1940 |
Abschluß des Architekturstudiums in Lemberg (davor
1928-32 Studium in Prag) |
1941 |
erste Verhaftung in Lemberg durch ukrainische
Milizionäre, am 4. Juli wird die Erschießung der Häftlinge durch ukrainische Einheiten
kurz vor Erreichen Wiesenthals abgebrochen. Wiesenthal wird in das Konzentrationslager
Janowska bei Lemberg verbracht. Arbeit für die Ostbahnwerke. |
1942 |
Wiesenthals Mutter Rosa wird von Lemberg nach Belzec
deportiert und dort ermordet. |
1943 |
Flucht aus dem Zwangsarbeitslager, erneute Verhaftung. Am
20.4. steht Wiesenthal wieder vor der Erschießung. Die Rettung erfolgte durch seine
deutschen Vorgesetzten bei den Ostbahnwerken. Im Oktober flüchtet Wiesenthal nochmals und
kann sich ein halbes Jahr verstecken. |
April 1944 |
Wiesenthal wird entdeckt und verhaftet. Auf dem Weg zum
Verhör unternimmt zweimal Selbstmordversuche. Gemeinsam mit knapp drei Dutzend weiteren
Häftlingen wird Wiesenthal vor der Vernichtung geschont. Die Bewacher benützen die
Häftlinge als Vorwand zum Rückzug nach Westen. Im Oktober wird er in das
Konzentrationslager Groß-Rosen bei Breslau verbracht. Nach einem sogenannten
"Stehkommando" muß ihm eine Zehe amputiert werden. |
5.5.1945 |
Befreiung Wiesenthals im Konzentrationslager Mauthausen
durch die U.S. Armee. Er kommt der Arbeit des U.S. War Crimes Office in Berührung und
übergibt den amerikanischen Behörden bereits am 20. Mai eine Liste mit 91 Namen von
Naziverbrechern. Im Juli 1945 wird er vom OSS (Office of Strategic Services) beauftragt,
nach Eichmann zu fahnden. Wiesenthal gründet mit anderen Vertriebenen und Verfolgten das
"Jüdische Komitee der US-Zone Oberösterreichs" (später "Jüdisches
Zentralkomitee der US-Zone). Ende 1945 kommt es zum - lange Zeit unerwarteten -
Wiedersehen mit seiner Frau Cyla. Die persönliche Opferbilanz von Simon und Cyla
Wiesenthal: 89 ermordete Verwandte. Wiesenthal arbeitet in der Folge für das Jüdische
Zentralkomitee, das War Crimes Office, das OSS sowie das Counter Intelligence Corps (CIC).
Mit seinen Mitarbeitern macht er Tausende von Interviews mit den Heimatlosen. Wiesenthal
ist somit sicher der erste, der Oral History angewandt hat. |
1946 |
Geburt der einzigen Tochter der Wiesenthals Paulinka |
1947 |
Gründung des "Zentrums für jüdische historische
Dokumentation" in Linz mit 30 anderen "DPs". Drei Arbeitsziele werden
formuliert:
- Dokumentation des Geschehens
- Sammeln von Zeugenaussagen und Gliederung in
Selbsterlebtes, Selbstbeobachtetes sowie aus der Erzählung Dritter stammende
Informationen
- Anlegen einer Täterkartei mit Namen und Tatorten.
Zusammenarbeit mit amerikanischen und österreichischen
Behörden. Ende des Jahres verhindert Wiesenthal die gerichtliche Todeserklärung von
Adolf Eichmann. |
1953 |
Einbürgerung Wiesenthals durch das Land Oberösterreich |
1954 |
Schließung des Dokumentationszentrums und Übersendung
der gesammelten Unterlagen "über eine Tonne jüdische Zeitgeschichte" an Jad
Vaschem; Wiesenthal übersiedelt für kurze Zeit nach Israel |
1961 |
Gründung des Dokumentationszentrums in Wien, zunächst
zwei Jahre lang in Zusammenarbeit mit der IKG Wien, danach im Rahmen des von Wiesenthal
gegründeten Bundes jüdischer Verfolgter des Naziregimes. |
1962 |
Bedrohung des Lebens von Wiesenthals Tochter Paulina |
1963 |
Wiesenthal findet den Wiener Polizisten Karl Silberbauer,
der 1944 die versteckte Anne Frank, ihre Familie und deren Freunde verhaftet und
deportiert. |
1964/65 |
Simon Wiesenthal wendet sich gegen die Verjährung der
Naziverbrechen, die in Österreich am 8. Mai, in Deutschland am 29. Juni 1965 erfolgen
sollte. Er sammelt 360 Unterstützungserklärungen von der "geistigen Elite der
Welt". In Österreich wird die Verjährung sofort zur Gänze aufgehoben, in
Deutschland zunächst auf 1979 verschoben, schließlich ebenfalls gänzlich aufgehoben. |
1966 |
Wiesenthals Memorandum an die österreichische
Bundesregierung. Wiesenthals Schlußfolgerung: "Die Österreicher machten nur acht
Prozent der Bevölkerung des Dritten Reiches aus, aber Nazis aus Österreich sind für die
Hälfte der unter Hitler an den Juden begangenen Morde verantwortlich." |
1967 |
Wiesenthal entdeckt den ehemaligen Kommandanten des
Konzentrationslagers Treblinka Franz Stangl |
1969 |
Auf Betreiben Wiesenthals wird eine Liste mit Raubkunst
veröffentlicht und Fristen für Rückstellungen erneuert. |
1970 |
Wiesenthal macht publik, daß vier der elf Mitglieder der
neu bestellten Regierung unter Bundeskanzler Bruno Kreisky ehemalige NSDAP-Mitglieder
waren. |
29.9.1975 |
Wiesenthal übergibt ein Dossier an Bundespräsident
Kirchschlager, in dem er aufdeckt, daß der Parteiobmann der FPÖ, Friedrich Peter - von
Kreisky als möglicher Vizekanzler nach der Wahl vorgesehen - der 1. SS Infanteriebrigade
angehörte, einer Einheit der Waffen-SS, die an Erschießungen von Juden beteiligt war. Am
9. Oktober - Kreiskys SPÖ erhielt die absolute Mehrheit, Peter war als Abgeordnete zum
Nationalrat gewählt worden - informiert Wiesenthal die Öffentlichkeit in einer
Pressekonferenz. |
10.11.1975 |
Bruno Kreisky über Simon Wiesenthal: "... Meine
Beziehung zur Gestapo ist eindeutig. Ich war ihr Gefangener, ihr Häftling ..."
Kreiskys Mitarbeiter in der sozialistischen Partei, Leopold Gratz (SP-Zentralsekretär und
späterer Bürgermeister von Wien) und Heinz Fischer (SP-Klubobmann, heute Präsident des
Nationalrates) beschuldigen Wiesenthal der Feme und regen die Einsetzung eines
parlamentarischen Untersuchungsausschusses gegen Wiesenthal an. Selbst Wiesenthals
Bürgerrecht wird in Frage gestellt. Im gleichen Jahr endet der bisher letzte Prozeß
gegen einen Naziverbrecher mit einem Freispruch. Aufgrund von Schmieraktionen im Hausflur
des auch von Überlebenden bewohnten Hauses sieht sich Wiesenthal gezwungen, sein Büro zu
übersiedeln. |
1977 |
Gründung des Simon Wiesenthal Centers in Los Angeles
(Erweiterung mit dem "Museum of Tolerance", 1993) |
1978 |
Wiesenthal entdeckt den stellvertretenden Kommandanten
des Konzentrationslagers Sobibor Gustav Franz Wagner in Brasilien. Wagner begeht vor
seiner Auslieferung Selbstmord. |
11.7.1982 |
Die Gruppe um den deutschen Neonazi Ekkehard Werl verübt
einen Sprengstoffanschlag auf Wiesenthals Wohnung in Wien-Döbling |
1986 |
Wiesenthal nimmt Stellung zur
"Waldheim-Affäre" und gerät in die Schußlinie des World Jewish Congress,
dessen Funktionäre ihn heftig attackieren. Wiesenthals Vorschlag, eine internationale
Historikerkommission einzurichten, wird ein Jahr später angenommen und nach Abschluß der
Recherchen 1988, die keine Beweise für eine persönliche schuldhafte Beteiligung
Waldheims zutage bringen, fordert Wiesenthal Waldheim zum Rücktritt auf - wegen unwahrer
Behauptungen. |
1994 |
Wiesenthal tritt für die Errichtung eines
Holocaust-Mahnmals in Wien ein. Nach langjährigen Diskussionen wird sein Vorschlag
derzeit umgesetzt, Ende 1999 ist mit der Fertigstellung zu rechnen. |
1996 |
In der ARD-Fernsehdokumentation wird Wiesenthal
bezichtigt, sich mit falschen Lorbeeren zu schmücken. |
1998 |
Im Dezember feierte Simon Wiesenthal seinen 90.
Geburtstag. |