Bundestag ächtet Antisemitismus:
Rot-Grün und PDS setzen ein Zeichen
"Der Deutsche Bundestag verurteilt Antisemitismus gleich welcher Ausprägung. Er
ist insbesondere besorgt über die in den vergangenen Jahren gestiegene Zahl von
antisemitischen Straftaten und Anschlägen gegen jüdische Einrichtungen in
Deutschland." Mit diesen Worten beginnt der am späten Donnerstagabend im
Bundestag angenommene Antrag "Antisemitismus ächten - Zusammenhalt in
Deutschland stärken".
Der Antrag wurde mit den Stimmen der rot-grünen Koalition und der PDS
verabschiedete. Union und FDP enthielten sich der Stimme und legten gleichzeitig
eigene Anträge vor, die jedoch keine Mehrheit fanden. Der Beschluß umfaßt
insgesamt acht Punkte und schreibt die Ächtung von Antisemitismus als
ausdrückliches Ziel deutscher Politik fest. Die demokratischen Parteien in
Deutschland werden aufgerufen, " Wahlkämpfe nicht auf dem Rücken von Menschen
jüdischen Glaubens zu führen."
Die Erklärung wurde bereits seit dem Herbst 2000 nach mehreren
Anschlägen auf jüdische Einrichtungen geplant. Durch die Debatte um die
Äußerungen von FDP-Vize Jürgen Möllemann weigerten sich SPD und Grüne
schließlich, einen parteiübergreifenden Antrag zur Abstimmung zu stellen. Die
FDP werde "an den Pranger gestellt", beklagte daher die stellvertretende
Fraktionschefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Es gebe keine Differenzen,
dass man mit Menschen jüdischen Glaubens nicht nur zusammenleben, sondern alles
dafür tun wolle, dass sie sich in Deutschland wohlfühlen.
Weiter heißt es in der Erklärung: "Der Deutsche Bundestag
verurteilt alle Versuche, das antisemitische Argument, die Juden seien Schuld am
Antisemitismus, wieder aufleben zu lassen. Wer so argumentiert, beleidigt zum
einen jüdische Bürgerinnen und Bürger und verharmlost zum anderen Vorurteile und
Ressentiments. Antisemitismus kann man nicht begründen, sondern nur verachten.
Antisemitismus in Deutschland ist eine Realität, die wir
niemals als Normalität betrachten werden, sondern überwinden wollen. Mehr
Zivilcourage im Alltag trägt zu einem Klima der Ächtung menschenfeindlicher
Äußerungen und Taten bei. Noch mehr als bisher muss Akten des Hasses gegenüber
jüdischen Menschen, jüdischen Gemeindezentren und jüdischen Friedhöfen mit
Zivilcourage entschieden entgegen getreten werden. (...) Freiheitsfeindlicher
Extremismus und Antisemitismus in Wort und Tat darf in Deutschland ebenso wenig
geduldet werden, wie jede Form von Gewalt. (...)
Angriffe gegen Juden und auf ihre Gemeinden sind ein Angriff
gegen uns alle und müssen (...) mit allen Mitteln des demokratischen
Rechtsstaats bekämpft werden. (...) Ob jüdische Mitbürger und Mitbürgerinnen
sich in Deutschland respektiert, sicher und frei fühlen können, ist zentrale
Maßstab der Verwirklichung dieses Verfassungsauftrags und des Gelingens unserer
Demokratie."
aue / hagalil.com / 30-06-2002 |