63 Jahre nach
der Zerstörung:
Neue Dresdner Synagoge wird
geweiht
Nach drei Jahren Bauzeit ist es endlich so weit: Am Freitag wird in Dresden die
neue Synagoge geweiht. Die jüdischen Gemeinden in Leipzig und Dresden können
damit ihre Gottesdienste künftig wieder in angemessenem Rahmen feiern.
Oberbürgermeister Wolfgang Tiefensee (SPD) übergab die Synagoge bereits gestern
an die israelitische Religionsgemeinde.
Zur Feierstunde werden unter anderem der
Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, und Sachsens
Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf (CDU) erwartet.
Der Neubau entstand nah an der Stelle der
ursprünglichen Synagoge, die nach Entwürfen und unter Leitung Gottfried Sempers
1838 errichtet wurde. Einhundert Jahre später wurde die Synagoge in der
Reichskristallnacht zerstört und anschließend abgerissen. Die Steine wurden zum
Straßenbau verwendet. Die jüdische Gemeinde Dresdens hatte 1938 etwa 6000
Mitglieder.
Ab 1950 fanden wieder Gottesdienste in
Dresden statt, in der zur Synagoge umgestalteten Totenhalle des jüdischen
Friedhofes. 1996 erfolgte schließlich ein Aufruf des neu gegründeten
Förderkreises zum Bau einer neuen Synagoge. Beauftragt wurde das Architektenbüro
Wandel-Hoefer-Lorch aus Saarbrücken, das die neue Synagoge sowohl als
festgefügten Tempel als auch Zelt gestaltete. Der erste Spatenstich erfolgte
genau vor drei Jahren am 9. November 1998.
Die Synagoge ist geprägt durch den
Gegensatz zwischen einer massiven Hülle und einem zart durchsichtigen Gewebe im
Inneren. Dieser zeltartige Synagogenraum wird durch ein abgehängtes, golden
schimmerndes "Metalltextil" gebildet. Innerhalb des Zeltes werden Empore,
Gestühl, Almemor und Thoraschrein aus Holz gestaltet. Gegenüber der Synagoge
entsteht ein Gemeindezentrum. Der Neubau steht mit seinem archaischen Entwurf in
Gegensatz zu einer barocken Stadt. Ein Widerspruch mit Absicht. Die moderne
Architektur schließt nicht nahtlos an Sempers Ideen an, schmerzvolle Brüche in
unserer Geschichte bleiben sichtbar.
Der Neubau, der übrigens der erste
Synagogen Neubau in den neuen Bundesländern ist, wird damit auch der
angewachsenen Gemeinde gerecht. In Dresden leben heute etwa 400 Juden. Die
Kosten von rund 20 Millionen Mark setzen sich nach Angaben des
Förderverein-Schatzmeisters Jürgen Müller aus Landes-, Stadt- und Spendenmitteln
zusammen, 1,5 Millionen Mark fehlen aber noch.
Die evangelisch-lutherische Landeskirche
will die Weihe mit einer Lichterkette "für Weltoffenheit und Toleranz"
begleiten. Landesbischof Volker Kreß ist einer der Schirmherren des Baus.
TV-Tipp:
MDR Regional, 14. November, 20.15 Uhr:
"Die neue Synagoge"
Der Film vom MDR
Landesfunkhaus Sachsen beobachtet Menschen, die das Wachsen der jüdischen
Gemeinde und ihrer Synagoge auf sehr unterschiedliche Weise unterstützten.
Mehr über jüdisches Leben in Sachsen:
haGalil -
Mitteldeutschland
aue / hagalil.com / 08-11-2001 |