"Mensch, Nazi
und zurück":
Zum Tod von Gunda Hernandez
Gestern Nachmittag ist Gunda Hernandez
tödlich verunglückt. Sie war Aussteigerin aus der harten Nazi-Szene, die sich
diesem Prozeß mutig stellte und unermüdlich gegen Intolerant und Hass arbeitete.
Noch vor zwei Jahren haben sie und ihr Lebensgefährte Matthias jüdische
Einrichtungen geschändet und waren als Führungskader in der Jugendbewegung der
NPD aktiv. Wegen diverser rechtsextremistischer Vergehen wurden sie zu 16 bzw.
10 Monaten verurteilt.
Mittlerweile liest man in Gundas Profil in den Foren von haGalil, was
sie möchte, daß andere über sie wissen: "Das ich einmal ein Nazi war und
das ich so etwas NIEMALS wieder tun werde. Ich stehe für Menschlichkeit,
Versöhnung und Verständnis!"
Gunda und Matthias haben den Ausstieg
gewagt. Heute sind sie Mitarbeiter bei der Aussteigerorganisation "Exit" und
arbeiten mit Strafverfolgungsbehörden zusammen. Auch die Aufklärungsarbeit an
Schulen war beiden ein wichtiges Anliegen.
"Exit" wurde vor knapp einem Jahr gegründet und konnte seit dem bereits
zwölf Rechtsextremisten erfolgreich aus der Szene lösen. Daneben werden
etwa 50 Ausstiegswillige dauerhaft betreut. Vom Aussteigerprogramm der
Bundesregierung hält man bei "Exit" wenig. Denn die Initiative müsse von
den Rechtsextremen selbst ausgehen. Man könne rechtsextreme Führer nicht
so einfach zum Ausstieg überreden, auch wenn man ihnen Hilfe bei der
Arbeits- und Wohnungssuche verspricht.
Der Ansporn kann nur von den Betroffenen selbst ausgehen, ein Umdenken setzt oft
mit Strafverfahren ein. So war es auch bei Gunda. Nach einer Friedhofsschändung
habe sie angefangen zu grübeln, erzählt Gunda. Als sie schließlich festgenommen
und zu 16 Monaten Bewährungsstrafe verurteilt wurde, ging sie zu Exit. Auch
wegen ihrer Tochter Claudia, die ein normales Leben eines normalen Teenagers
führen sollte.
Damit endet ein Weg, den Gunda seit ihrem 17. Lebensjahr beschritten hat,
Einstieg über Drogenkreise, Schulabbruch, Ehe mit einem NPD-Aktivisten. Daß der
Weg zurück um einiges schwieriger ist, dokumentiert ein Film über Gunda und
ihren Lebensgefährten Matthias.
Die Reihe "Mensch! Alltag" hat die beiden ein Stück ihres Weges begleitet - im
Alltag, auf einen geschändeten jüdischen Friedhof und ins ehemalige
Konzentrationslager Auschwitz. Trotz der Drohungen ihrer "alten Weggefährten"
treten sie offen vor die Kamera und geben Einblick in ihre Beziehung zueinander
vor und nach dem Ausstieg. Der Film
von Ralf Krause wird am Dienstag, den 20.11., um 21 Uhr im SWR
ausgestrahlt.
aue / hagalil.com / 19-11-2001 |