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Die FDP und der Nahe Osten:
Hildegard Hamm-Brücher droht mit Parteiaustritt

Der Streit um antisemitische Ausfälle innerhalb der FDP schwillt nicht ab. FDP-Vizevorsitzender Jürgen Möllemann wird sich erst in einer Sondersitzung am 3. Juni mit dem Fall "Karsli" beschäftigen. Prominente Liberale hatten zuvor eine rasche Entscheidung über Karsli verlangt. In der Auseinandersetzung geht es um die Aufnahme des Ex-Grünen Karsli in die FDP. Parteichef Westerwelle lehnte in Abstimmung mit den Ehrenvorsitzenden Hans-Dietrich Genscher und Otto Graf Lambsdorff die Aufnahme Karslis ab.

Karslis antisemitischen Äußerungen sind für einen Teil der Liberalen untragbar. Er hatte vor Wochen das Vorgehen der israelischen Armee gegen die Palästinenser als "Nazi-Methoden" bezeichnet und später die seiner Ansicht nach große Medienmacht einer "zionistischen Lobby" kritisiert. Karsli war am 23. April bei den Grünen ausgetreten und am 30. April in die FDP-Landtagsfraktion gewechselt. Der Kreisverband Recklinghausen nahm Karsli am Mittwoch als FDP-Mitglied auf. Ganz anders Jürgen Möllemann, der vergangene Woche sagte, der Vizepräsident des Zentralrats der Juden, Michel Friedman, sei "mit seiner intoleranten, gehässigen Art" mitverantwortlich für den Zulauf auf Seite der Antisemiten.

Die Auseinandersetzungen veranlaßten Hildegard Hamm-Brücher dazu, mit ihrem Austritt aus der Partei zu drohen. Sie schrieb dazu in der vergangenen Woche einen offenen Brief an FDP-Vorsitzenden Westerwelle:

"Sehr geehrter Herr Vorsitzender, lieber Herr Westerwelle,

es lässt mir keine Ruhe, genauer gesagt: Es beunruhigt mich sehr, dass sich unsere Partei in ihren Äußerungen zur Nahost-Politik mehr und mehr den sattsam bekannten antiisraelischen und einseitig propalästinensischen Positionen des Herrn Möllemann annähert.

Für viele unserer angestammten Wähler und Mitglieder (zu denen ich mich zähle) wird das nachgerade unerträglich, weil dahinter eine neue Variante von Antisemitismus salonfähig wird. Ich denke dabei auch an verstorbene Liberale wie Ignatz Bubis und Heinz Karry, die diesen opportunistisch ins rechte Fahrwasser einmündenden Kurs nie und nimmer gebilligt hätten.

Zwar werden seitens der Partei immer mal wieder Details dementiert, bisher ist aber niemals eine eindeutige Distanzierung zu Möllemanns Kurs erfolgt. (Der einzige Widerspruch kam bisher von Frau Leutheusser-Schnarrenberger, wofür ich ihr ausdrücklich danken möchte.) So muss sich der Eindruck verstärken, dass sich die FDP für Wähler profilieren will, die den auf beiden Seiten grausam geführten Kampf für und gegen das Existenzrecht Israels zum Vorwand nehmen, um ihren mehr oder weniger getarnten Antisemitismus zu rechtfertigen. So jedenfalls wird das nicht nur von jüdischen Mitbürgern verstanden. Ich schäme mich für meine Partei, dass dieser Eindruck überhaupt entstehen konnte, und dafür, dass er nicht entschlossen, aufrichtig und glaubwürdig zerstreut wird.

Bereits am 15. 12. 01 hatte ich mich an Sie mit der Bitte gewandt, den antiisraelischen und einseitig propalästinensischen Äußerungen des Herrn Möllemann entgegenzutreten. Statt einer persönlichen Antwort von Ihnen erhielt ich ein paar halbherzige Pressemeldungen.

Heute ist dies nun ein neuerlicher (und auch mein letzter) Versuch, Sie, sehr geehrter Herr Westerwelle, zu einer unmissverständlichen Kursänderung zu bewegen. Falls dies nicht geschieht, werde ich die FDP, der ich seit 1948 angehöre, verlassen. Wenn wir nicht wenige Monate vor der Bundestagswahl stünden, würde ich den Schritt, der mir schwer fällt, schon jetzt tun. Noch aber überwiegt ein Rest an Verbundenheit und Rücksicht zu meiner Partei, der ich in einem entscheidenden Wahlkampf, wenn irgend möglich, nicht schaden möchte.

Jedoch werde ich in diesem Sinne die weiteren Äußerungen und Positionen der Parteiprominenz (auch in ihren Zwischen- und Untertönen) aufmerksam verfolgen. Neuerliche, tendenziell antisemitische und antiisraelische Stellungnahmen würden zu den angekündigten Konsequenzen führen.

In der Hoffnung, dass diese, meine "ultima ratio" nicht notwendig sein wird, verbleibe ich mit guten Wünschen Ihre (Noch)parteifreundin

Hildegard Hamm-Brücher"

 hagalil.com / 19-05-2002

 


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