Und keinen störts:
Kohl auf Entgleisungskurs
Kurz vor der Wahl, mitten drinnen im Wahlkampf, da muß der Kohl
sowas sagen, mag sich so manch einer denken, der sich Edmund
Stoiber als neuen Kanzler wünscht. Die anderen freuen sich, daß
CDU/CSU so kurz vor der Wahl und ganz von alleine nochmal ein
bißchen für schlechte PR sorgt. Aber seien wir ehrlich,
tatsächlich interessiert sich dafür doch eigentlich niemand, und
das ist das eigentlich schockierende.
Was ist passiert? Angeblich hat Helmut Kohl einen wüsten
Vergleich angestellt. In kleiner Runde soll er über
Bundestagspräsident Wolfgang Thierse gesagt haben: "Das ist der
schlimmste Präsident seit Hermann Göring." Zwei Redakteure des
„Spiegel“ haben Kohls Worte in der vergangenen Woche nach der
Sondersitzung des Parlaments zur Flutkatastrophe zufällig an
einem Nebentisch im Bundestags-Restaurant gehört.
Natürlich waren SPD, Grüne und auch die PDS entrüstet über den
Vergleich mit Göring und forderten eine Entschuldigung.
Kohl dementierte seine Äußerung einerseits nicht, bestätigte sie
aber auch nicht weiter. Er betonte jedoch, daß er Thierse als
den Parlamentspräsidenten sehe, der "sein Amt am parteiischsten
ausübt". Die Kritik begründete er auch mit dem Verlauf der
Bundestagssitzung am vergangenen Donnerstag, in der die
SPD-Fraktion die Rede von Unions-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber
mit Zwischenrufen begleitet hatte. Kohl sagte, Thierse habe
"unerträglich lange diese Inszenierung der SPD-Fraktion
geduldet".
In einer
Erklärung Kohls hieß es schließlich: „Es
liegt mir fern, ein Mitglied einer demokratischen Partei der
Bundesrepublik Deutschland mit einem Mitglied einer totalitären
Partei, egal ob rot oder braun, zu vergleichen“. In der Union
wurde dieser Passus mit Erleichterung als Versuch der
politischen Entschuldigung gewertet.
CDU-Chefin Angela Merkel meinte im WDR-Fernsehen, mit der
Erklärung Kohls sei für sie die Sache abgeschlossen.
Das ist
natürlich verständlich, denn wie sollte mitten im Wahlkampf ein
interner Streit in der Union zu vertreten sein. Aber schauen wir
uns das das Ganze nochmal genauer an: Helmut Kohl, nicht nur
Altbundeskanzler, sondern auch promovierter Historiker,
vergleicht den amtierenden SPD-Bundestagspräsidenten Thierse mit
Hermann Göring, dem
Reichstagspräsident in der Nazizeit und einem der führenden
Köpfe der NSDAP. Es gibt kein Dementi, daß diese Aussage so
nicht getroffen wurde, also können wir wohl davon ausgehen, daß
es richtig ist.
Ja,
Hallo, was ist denn da los in der Union? Wenn schon der
Politiker Kohl sich nicht zu schade ist, einen Kollegen derart
anzugreifen, wie kann denn der Historiker Kohl die
Naziherrschaft durch einen derartigen Vergleich absurd
verharmlosend darstellen? Ja, der Göring, der war halt etwas
parteiisch, oder wie??
Bleibt
zu hoffen, daß die Wähler selbst durch Möllemann, Karsli, Walser
und Konsorten nicht schon derart abgestumpft sind, daß so ein
kleiner Nazi-Vergleich die Gemüter nicht mehr in Wallung bringen
kann. Eine Partei, die eine derartige Äußerung nicht umgehend
verurteilt, scheint für Deutschland als Regierungspartei in
jedem Fall wenig förderlich.
aue /
hagalil.com
04-09-02 |