Ausstellung und Rundgang:
Gedenktafel für Nideggens jüdische Bürger
Nideggen - Gut ein Jahr haben die Vorbereitungen gedauert. Am
14. Juli ist es nun so weit. Um 11 Uhr wird an diesem Tag der Stadt Nideggen
eine Gedenktafel für die Nideggener Juden übergeben. Die Anbringung erfolgt auf
Grund eines Antrags der SPD-Ratsfraktion, die eine Anregung von Franz-Josef
Brandenburg aufgegriffen hatte.
Bei der Finanzierung der Kosten von rund 1.750 DM halfen neben
den beiden Initiatoren die Pfarrgemeinde St. Johannes Baptist und die
Jazzinitiative um Andrea Schmidt-Birkelbach und Jörg Birkelbach, der die Stadt
hierfür die Verwaltungsgebühren für eine Veranstaltung erlassen hatte. Text und
Standort wurden mit dem in Düsseldorf ansässigen Landesverband der Jüdischen
Gemeinden von Nordrhein abgesprochen. Und so können künftig Besucher des
Rathauses und Passanten ihr Augenmerk auf die Gedenktafel richten. Schließlich,
so Herbert Rubinstein, der Geschäftsführer des Landesverbands, sei das Rathaus
das Zentrum für die Nideggener Bürger, der Ort, der auch vielen Gästen der Stadt
als Anlaufpunkt diene.
Die Tafel wurde von der Dürener Fa. Ralf Simons in Bronze gegossen und hat die
Maße 555x310x12mm. Unter dem Davidstern steht zu lesen: "Wir gedenken unserer
jüdischen Bürger, die in der Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft
ab 1933 entrechtet, verschleppt, vertrieben und grausam ermordet wurden." Der
Rand, die Buchstaben und der Davidstern sind dezent anpoliert, um so die
erhabenen Stellen von der Grundplatte abzuheben; die Schriftgröße von 15 mm
sorgt außerdem zusätzlich für eine gute Lesbarkeit des Textes.
Brandenburg beschäftigt sich bereits seit Ende der 1980er Jahre mit dem
traurigen Schicksal der Nideggener Juden. Tatkräftige Unterstützung erhielt er
bei diesem Unterfangen von den zwischenzeitlich verstorbenen Embkenern Margarete
Schäfer und Franz Pütz. Ursprünglich hatte Brandenburg angeregt, die Gedenktafel
am Haus Nr. 12 im Altwerk anzubringen, denn in diesem Haus hatte sich bis 1939
die jüdische Pferdehandlung von Norbert Kratz jr. befunden. Hierzu hatte der
Hausbesitzer auch schon seine Zustimmung erteilt. Dieser Standort fand jedoch in
den zuständigen Ausschüssen aus verschiedenen Gründen keine Mehrheit.
Bei der Vorstellung der Gedenktafel wird David Polnauer, der Rabbiner der
Jüdischen Gemeinde, ebenso anwesend sein wie der Geschäftsführer des
Landesverbands, Herbert Rubinstein. Im Anschluss an die Vorstellung hat der
Landesverband die geladenen Gäste zu einen Umtrunk mit koscherem Wein
eingeladen.
Der Ablauf wird von Schülerinnen und Schülern der Nideggener Schulen gestaltet.
Sie sollen so an die schrecklichen Ereignisse des Holocaust herangeführt werden.
Hierfür sind Grußworte, Musikbeiträge, der Vortrag von Gedichten Emil Kamps und
eine kurze Lesung aus dem für diesen Anlass aktualisierten und neu aufgelegten
Buch "Die Juden von Nideggen" von Franz-Josef Brandenburg vorgesehen. Außerdem
werden die Jugendlichen unter dem Leitgedanken "Erinnern für die Zukunft" den
Text der Gedenktafel und die Namen der vermutlich 79 deportierten Nideggener
Juden vorlesen. Lediglich sieben von ihnen überlebten, wenn auch z.T. nur für
kurze Zeit.
Neben der eigentlichen Übergabe der Gedenktafel warten auf die Teilnehmer der
Feierstunde weitere umfassende Informationen. Zum einen findet in der
Bürgerbegegnungsstätte in der Straße "Im Vogelsang" zwischen 12 und 17 Uhr die
Ausstellung: "Jüdisches Leben in Nideggen" statt; zum anderen lädt Franz-Josef
Brandenburg ab 14.30 Uhr unter dem Motto "Auf den Spuren eines verurteilten
Volkes" zu einem zeitgeschichtlichen Kurzrundgang durch Nideggen ein, an den
sich eine Fahrt durch das Stadtgebiet zu Punkten der NS-Vergangenheit
anschließt. Ziele sind die Stadtteile Berg, Wollersheim und Embken. Dort können
die Teilnehmer dann ihr Wissen über die Geschichte der Juden von Nideggen und
die Schicksale einzelner Familien auffrischen bzw. erweitern. Die Teilnahme an
dieser Exkursion ist frei. Treffpunkt ist der Rathauseingang.
Auf den Besucher der Ausstellung warten neben heimatkundlicher Literatur zum
Thema "Judenverfolgung" noch zahlreiche Originaldokumente und Fotos, jüdische
Kultgegenstände wie die Menorah, der Talith oder das Toraschild sowie eine
Vielzahl von Wandbildern. Diese befassen sich u.a. mit den NS-Gesetzen und
Erlassen gegen die Juden, den Konzentrationslagern, zeitgenössischen
Zeitungsberichten, dem Friedhof auf dem Mühlenberg oberhalb Embkens, der
Rheinland weiten Kollekte zum Bau der Embkener Synagoge, dem Einzelschicksal von
Emil Kamp oder Briefen von jetzt noch bzw. früher im Ausland wohnenden
Nideggener Juden. Ein Teil der Ausstellung ist außerdem den drei geistlichen
Brüdern Hans, Rolf und Klaus-Martin Reichenbach gewidmet, deren Mutter Änne
Bloos aus Nideggen stammte und mit dem Kölner Juden Martin Reichenbach
verheiratet war.
fjB / hagalil.com / 07-07-2002 |