Ehrung für Regina Jonas und Salomon
Formstecher:
Wegbennenung in der Offenbacher Innenstadt
Die Stadt Offenbach ehrt zwei Vertreter des deutschen
Judentums, Regina Jonas und Salomon Formstecher, durch Wegbennenungen im
Büsing-Park. Den Beschluß hatte die Stadtverordnetenversammlung bereits 1995
gefaßt, anläßlich des 100. Geburtstages von Regina Jonas wurden er nun
umgesetzt.
Bürgermeister und Kulturdezernent Stephan Wildhirt erklärte dazu: "Mit den
Wegebenennungen nach Regina Jonas und Salomon Formstecher werden zwei bedeutende
Vertreter jüdischer Religiosität geehrt: Regina Jonas war die erste zur
Rabbinerin ordinierte Frau in der Geschichte des Judentums; die Ordination
erfolgte 1935 in Offenbach durch den Offenbacher Rabbiner Max Dienemann. Salomon
Formstecher war ein herausragender Vertreter der jüdischen Reformbewegung im 19.
Jahrhundert. Max Dienemann war anläßlich seines 60. Todestages (10.04.1939)
bereits am 15. April 1999 mit einer Wegebenennung im Büsing-Park geehrt worden.
Die Namen der drei zusammenhängenden Wege im Büsing-Park verweisen auf drei
Persönlichkeiten, die Geschichte und Schicksal der jüdischen Gemeinde in
Offenbach und zugleich das Schicksal deutsch-jüdischer Geschichte im 19. und 20.
Jahrhundert verkörpern."
Am 23. Mai 2002 hat die Stadtverordnetenversammlung aufgrund einer
entsprechenden Magistratsvorlage beschlossen, die Wegebenennung von
Regina Jonas
anläßlich ihres 100. Geburtstages (03.08.1902) vorzunehmen. Aufgrund der durch
den Offenbacher Rabbiner Max Dienemann erfolgten Ordination von Regina Jonas
wurde beschlossen, einen Weg in unmittelbarer Nähe des Max-Dienemann-Weges im
Büsing-Park nach der ersten zur Rabbinerin ordinierten Frau in der Geschichte
des Judentums zu benennen.
Am 1. Oktober 2002 wird außerdem ein Weg im Büsing-Park nach Salomon Formstecher
benannt, da vor 120 Jahren - am 1. Oktober 1882 - die Ehrenbürgerwürde der Stadt
Offenbach an Salomon Formstecher verliehen worden war; sie stellte zugleich die
erste Verleihung der Ehrenbürgerwürde an einen Offenbacher Bürger jüdischen
Glaubens dar. Mit dem nun zu benennenden Weg wird der Ehrenbürger Salomon
Formstecher in die Reihe der Erneuerer gestellt.
Dr. Salomon Formstecher wurde am 26. Juli 1808 in Offenbach geboren. Nach dem
Studium der Theologie, Philologie, Philosophie und der Naturwissenschaften und
der Promotion in Gießen kehrte er 1831 in seine Heimatstadt zurück. Hier
erlangte er infolge eines Gesuches an den Vorstand der israelitischen Gemeinde
die Erlaubnis, Predigten in der Synagoge zu Offenbach zu halten, von denen er
1833 auf Veranlassung eines Verlegers zwölf im Druck erscheinen ließ.
Am 1. Oktober 1832 wurde Salomon Formstecher vertraglich auf drei Jahre als
Prediger und Religionslehrer angestellt; die Vereinbarung wurde am 8. September
1834 um weitere sechs Jahre verlängert. Am 3. Januar 1842 erfolgte die
provisorische Anstellung mit Übertragung geistlicher Funktionen. Endgültig
angestellt wurde er am 30. März 1842, nachdem der Oberrabbiner Gottlieb Metz am
9. März verstorben war. Zum 50-jährigen Jubiläum als Religionslehrer und
Rabbiner wurde ihm am 1. Oktober 1882 die Ehrenbürgerwürde verliehen. Dr.
Salomon Formstecher verstarb am 24. April 1889 in Offenbach. In seinem Nachruf
heißt es u.a., daß er "als Rabbiner, Gelehrter, Bürger und Mensch einer der
bedeutendsten Offenbacher gewesen" sei.
Salomon Formstechers herausragende Bedeutung lag in seinen Beiträgen zur
jüdischen Reformbewegung, die ab dem frühen 19. Jahrhundert in Deutschland
entstand und ihren Ausdruck nicht zuletzt auch in der Zuwendung und im
ausdrücklichen Bekenntnis zu Deutschland als Heimatland fand. Formstecher wurde
vom Religionswissenschaftler Schalom Ben-Chorin als einer der "Väter der Reform"
gewürdigt, für die Formstecher in jahrzehntelanger Tätigkeit sowohl mit
belletristischen und theologischen Schriften (u.a. eine "Mosaische
Religionslehre" (1860) und für die Jugend ein "Israelitisches Andachtsbüchlein")
als auch mit der zeitgemäßen Vermittlung der geistigen Grundlagen des Judentums
und eine Modernisierung des Kultus (u.a. Orientierung der Gottesdienste am
protestantischen Vorbild, Plädoyer für deutschsprachige Liturgie) gewirkt hat.
Seine Schrift "Die Religion des Geistes" (1841), die erste philosophische
Grundlegung des Reformjudentums, begründet bis heute die internationale
Anerkennung, die Salomon Formstecher gefunden hat.
hagalil.com
12-08-02 |