
Strassenbennenung in Magdeburg:
"Entschuldigen Sie, ich suche die Arthur-Ruppin-Str."
Eine Strasse in Magdeburg trägt seit gestern den Namen Arthur
Ruppins. Den Antrag hatte die Deutsch-Israelische Gesellschaft AG
Magdeburg (DIG) gestellt. Die feierliche Einweihung fand am Dienstag
in den Räumen der Nord LB in Magdeburg statt.
Arthur Ruppin (1876-1943), aufgewachsen in Magdeburg, leitete als
promovierter Jurist, Ökonom und Soziologe von 1902 bis 1907 das
Berliner Büro für jüdische Statistik und Demographie. Seine
soziologischen Forschungen verstärkten bald die Verbindungen zu
seinen eigenen jüdische Wurzeln. 1907 wurde er von der Jewish Agency
in das osmanisch verwaltete Palästina geschickt, wo sich Juden aus
aller Welt bereits seit Mitte des 19. Jahrhunderts niederließen.
Ruppin sollte die Möglichkeiten für die Zionistische
Siedlungsbewegung bewerten. Ein Jahr später siedelte er, unter
anderem aus Gründen des wachsenden Antisemitismus in Deutschland,
selbst nach Jaffa über und leitete dort das Eretz Israel Büro der
Zionistischen Organisation.
Ruppin zählte anfangs zu den Befürwortern von Brith Shalom
("Friedensbündnis"), das zwei Staaten in Palästina forderte, einem
arabischen und einem jüdischen. Nachdem das arabische Oberhaupt den
Vorschlag mit den Worten abgelehnt hatte, er wolle lieber 100 Jahre
in Elend leben, als einen jüdischen neben einem arabischen Staat
sehen, und mit Beginn der gewaltsamen arabischen Aufstände von 1929
änderte er seine Meinung und bestand auf einem einzigen jüdischen
Staat. Ruppin glaubte, seine Ziele durch Landerwerb und die
Entwicklung neuer Formen des Zusammenlebens verwirklichen zu können.
So förderte er landwirtschaftliche Betriebe und verschiedene Arten
von Kooperativen, erste Kibbutzim und die Siedlungsplanung des
Jishuw. Auf diese Weise half er bei der Ansiedlung vieler deutscher
Einwanderer während des aufkommenden Nationalsozialismus. Zu seinen
wichtigsten Gründungen gehört heute die israelische Großstadt Tel
Aviv.
Seit 1926 lehrte Ruppin Soziologie der Juden an der Hebräischen
Universität in Jerusalem. Die Jewish Agency hatte bis zur
Staatsgründung 1948 alle Aufgaben einer "Regierung" eines jüdischen
Staates übernommen. Ihre Arbeit mündete später in das Amt des ersten
Ministerpräsidenten David Ben-Gurion. Arthur Ruppin starb 1943 in
Jerusalem.
Zu der feierlichen Eröffnung am Mittwoch Nachmittag waren neben
dem Ministerpräsidenten Böhme des Landes Sachsen-Anhalt
Justizminister Becker, Regierungspräsident Misterfeld, der
Bundestagsabgeordnete Uwe Küster, der Rektor der Otto-von-Gericke
Universität, Pollmann, Oberbürgermeister Dr. Lutz Trümper,
Superintendentin der evangelischen Landeskirche Zachhuber, Probst
Kuschl von der katholischen Kirche, der Vorsitzende der
Synagogengemeinde Magdeburg, Herr Ledermann, und Joel Lion,
Botschaft des Staates Israel, anwesend. Besondere Gäste waren die
Kinder Arthur Ruppins, Rafael Ruppin und Aya Dinstein, sein Neffe
Giora Ra’anan und einige Urenkel.
hagalil.com
21-11-02 |