Kein NPD-Verbot
vor der Bundestagswahl:
Ohrfeige für Schily und den
Verfassungsschutz
Das Bundesverfassungsgericht hat sein weiteres Vorgehen im NPD-Verfahren bekannt
gegeben. Danach wurde für den 8. Oktober, also erst zwei Wochen nach der
Bundestagswahl ein Erörterungstermin über V-Leute in der NPD anberaumt. Es sei
jetzt an den Wählern, den Rechtsextremen die "rote Karte" zeigen, hieß es
daraufhin aus den demokratischen Parteien. Einig war man sich aber auch über das
Versagen des Bundesinnenministers.
Die innenpolitische Sprecherin der PDS-Bundestagsfraktion, Ulla Jelpke, erklärte
dazu: "Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist eine neuerliche
Ohrfeige für Schily und die Verfassungsschutzämter in Bund und Ländern. Die NPD
kann jetzt zur Bundestagswahl kandidieren und ihre antisemitische und
rassistische Hetze weiter verbreiten, ohne durch das laufende Verbotsverfahren
in irgendeiner Weise beeinträchtigt zu werden."
"Die Forderung des Bundesverfassungsgerichts, sowohl die aktuellen wie auch
frühere V-Leute in der NPD offen zu legen, ihre Führungsakten zu erörtern etc.
bringt hoffentlich auch Licht in das trübe Zusammenspiel von VS-Ämtern und
Neonazis", so Jelpke weiter. "Der Schaden, den diese Ämter durch ihr
jahrzehntelanges V-Leute-Unwesen in der NPD und ihrem Umfeld angerichtet haben,
wird immer größer. Daraus müssen endlich Konsequenzen gezogen werden. Eine davon
steht für mich schon fest: Den Verfassungsschutzämtern muss das Anwerben und die
Führung von V-Leuten ein für alle Mal verboten werden."
"Die Termin-Verschiebung hat sich einzig der Bundesinnenminister auf die Fahnen
zu schreiben", urteilte man auch aus Bayerns Innenministerium von Günther
Beckstein (CSU). Das Verfassungsgericht habe sich von Schily "schlechter
behandelt gefühlt als jeder Dorfrichter".
SPD und Grüne beschwören derweilen die Einigkeit, mit der man zu dem Antrag
ursprünglich angetreten war. Doch auch von SPD-Mann Dieter Wiefelspütz und dem
Grünen Cem Özdemir hiess es, die Verfassungsschutzämter müssten ihre
Hausaufgaben machen und "alle Kontakte mit der NPD offen legen".
Am Mittwoch verabschiedete die Bundesregierung übrigens ein von Schily
vorgelegtes Konzept gegen Rechtsextremismus und Gewalt, das sowohl vorbeugende
wie auch offensive Maßnahmen vorsieht. Dabei misst die Regierung der Arbeit der
Bundeszentrale für politische Bildung eine herausragende Bedeutung zu. Der
Behörde stehen wie im Vorjahr für ihre Arbei 36 Millionen Euro zur Verfügung.
7,5 Millionen entfallen dabei auf die Bildungsarbeit im Bereich
Rechtsextremismus. Um bei Jugendlichen die Akzeptanz und Toleranz zu erhöhen,
fördert das Familienministerium den internationalen Jugendaustausch mit 30
Millionen Euro.
aue / hagalil.com / 09-05-2002 |