Seligmann fordert im stern Umbenennung und Öffnung des
Zentralrats:
"Juden müssen Weg ins Herz der deutschen Gesellschaft
finden"
Hamburg (ots) - Der jüdische Schriftsteller Raphael
Seligmann fordert die Umbenennung und gesellschaftliche Öffnung des
"Zentralrats der Juden in Deutschland". Anlässlich der Neuwahl der
Zentralratsführung an diesem Sonntag schreibt Seligmann in einem Beitrag für
das Magazin stern, die Umbenennung in "Zentralrat der deutschen Juden" würde
einen "Vertrauensbeweis in die deutsche Gesellschaft signalisieren". Er fügt
hinzu: "Der Zentralrat war nie eine Dependance der israelischen Botschaft,
er darf auch nicht dazu gemacht werden." Mit
ihrer Umbenennung solle die Organisation der deutschen Juden
zugleich eine Öffnung gegenüber der Gesellschaft verbinden, "so wie
es beim Zentralkomitee der Katholiken und bei der Synode der
Evangelischen Kirche in Deutschland üblich ist".
Es sei an der Zeit, dass die Öffentlichkeit am Leben,
am Meinungsstreit und an den Diskussionen auch der deutschen Juden
teilnehmen könne. "Öffentliche Foren könnten viel dazu beitragen,
dem Zentralrat die gefährliche Aura des Mystischen zu nehmen und
einen selbstverständlichen, alltäglichen Dialog mit der Gesellschaft
zu beginnen", schreibt Seligmann.
Der Schriftsteller beklagt eine "deutsch-jüdische
Wahn-Symbiose". Die meisten deutschen Jugendlichen setzten Juden heute mit
Opfern gleich: "Spontane Neugier auf Juden wird oftmals von Leichenbergen
begraben." Viele jüngere Juden hingegen klammerten sich an eine imaginäre
Opferidentität: "Der ewige Jude, das bin ich." Schuld an diesem "geistigen
Masochismus", schreibt Seligmann im stern weiter, seinen "nicht allein die
Antisemiten, sondern auch die Geistesleere vieler Juden."
Er fügte hinzu: "Wer seinen Glauben an Gott verloren hat, sucht sich
neue Idole. Das Opferimage verleiht manchen zumindest die Exotik des
Grauens, lässt sie aus der grauen Masse der Bedeutungslosigkeit
hervorstechen." Die künstliche Opferidentität, die die Seelen vieler
Juden in einem permanenten Ausnahmezustand halte, lasse sich nur
überwinden, "wenn die Hebräer den Weg ins Herz der deutschen
Gesellschaft finden."
Originaltext: stern
hagalil.com
09-12-02 |