Ein SED-Zentralsekretär a.D. erklärt den Nahen
Osten und die Welt
Von Karl Pfeifer
Beim Surfen im Internet kann man manchmal auch überraschende Texte finden. So
lese ich in der Internet-Zeitung der kommunistischen Plattform einen Artikel von
Prof. Kurt Tiedke. Bitte das ist nicht irgendwer, von 1979 bis 1983 war der gute
Mann erster Sekretär der SED im Kreis Magdeburg und er hat auch schon über die
Erfolge der sowjetischen Landwirtschaft publiziert, doch leider konnte ich dies
nicht im Internet abrufen.
Tiedke ist wie seine Genossen "im Besitz jener Wissenschaft, mit der sie in der
Lage und berufen sind, Licht in die bewußte Verdunkelung der Ursachen des
genannten Krieges ("Kampf den ideologischen Diversanten") zu bringen, seinen
Charakter und seine Ziele aufzudecken."
Es folgt eine Schilderung all der Schurkereien, wozu nur Imperialisten fähig
gewesen sein sollen und Tiedke gibt sich als Nahostsachverständiger, denn dazu
sind keine Kenntnisse von Sprachen notwendig, man muß auch die Fakten nicht
kennen, die sind nur schädlich, denn wer sowieso im Besitz "jener Wissenschaft"
ist, der weiß doch das wesentliche. Tiedke behauptet kühn: "Im Nahen Osten
dagegen lebten vor dem Zweiten Weltkrieg weniger als 200.000 Juden". Jedoch
allein im Mandatsgebiet Palästina lebten bereits 1936 fast 400.000 Juden, das
waren 30 Prozent der Gesamtbevölkerung. (siehe Encyclopedia Britannica).
Unter den Großmächten, die für die Gründung des jüdischen Staates waren, hat er
"vergessen" die Sowjetunion zu erwähnen. Die Schaffung eines palästinensischen
Staates wurde "buchstäblich hintertrieben", meint Tiedke. Da hat der 1924
geborene Tiedke, tatsächlich die arabische Aggression 1948 gegen Israel einfach
nicht zur Kenntnis genommen, und das obwohl damals die sowjetischen Genossen
heftig gegen diesen arabischen Angriffskrieg protestierten.
Tiedke weiter: "Das Siedlungsprogramm der verschiedenen zionistischen
Regierungen Israels, auch der Regierung Rabin/Peres, mußte zwangsläufig zu einem
Vertreibungsprogramm der Palästinenser ausufern... Denn durch die keine Grenze
mehr kennende israelische Siedlungspolitik wurden Millionen Palästinenser
buchstäblich aus ihrer Heimat vertrieben..." Wenn Tiedke schon nicht die
Geschichte des Nahen Ostens kennt, dann ist das verzeihlich. Schlußendlich haben
die meisten dieser "Nahostexperten" davon keine Ahnung. Schlimm ist es, daß er
auch von der deutschen Geschichte keine Ahnung hat: "Diese Vertreibungspolitik
(der Zionisten K.P.), die zum größten Flüchtlingsstrom nach dem Zweiten
Weltkrieg führte." Also nach 1945 hat der Strom der deutschen Flüchtlinge aus
den ost- und südosteuropäischen Staaten bei weitem die Zahl der arabischen
Flüchtlinge (maximal 700.000) übertroffen.
Im zweiten Teil seines Elaborats zieht Tiedke gegen den Zentralrat der Juden in
Deutschland los, denn der gießt "Wasser auf die Mühlen des Antisemitismus. Und
es ist nicht ausgeschlossen, daß sich hinter diesem Vorgehen eine politische
Absicht verbirgt." Im Besitz der allein aufklärenden
"Wissenschaft" verzapft Tiedke nur, was die Antisemiten schon immer
sagten und sagen. Am Antisemitismus sind die frechen Juden schuld
und sie sind nicht nur die Ursache, daß es Antisemitien gibt,
sondern profitieren noch davon. Denn so Tiedke: "Das ist des Pudels
Kern. Das aber heißt, daß der Zionismus ohne Antisemitismus nicht
lebensfähig ist." Und weiter: "Darum
unterstützte die demokratische Weltöffentlichkeit [in erster Linie
die Rechtsextremisten und Neonazi! K.P.] die Forderung von Martin
Walser in der Paulskirche vor vier Jahren, "die Moralkeule Auschwitz
nicht für unehrliche Ziele zu schwingen", was ihm der Vizepräsident
der jüdischen Gemeinde, M. Friedman, bis auf den heutigen Tag
verübelt." Dann kommt vergleichender Antisemitismus, wobei Tiedke
nicht leugnet, daß es auch in den "sozialistischen Ländern"
Antisemiten gab, aber natürlich die anderen waren noch schlimmere
Antisemiten. Warum Stalin Tausende jüdische Kulturschaffende
ermorden ließ, das erklärt er uns nicht, denn wenn er das noch
eingestehen würde, dann könnte er nicht den Imperialismus
beschuldigen noch antisemitischer gewesen zu sein.
Und unverschämt, wie dieser Mensch nun einmal ist, behauptet er auch
fest, in der DDR "wurden die Wurzeln des Faschismus und des
Nationalismus ausgerottet und eine konsequente Überwindung der
faschistischen Ideologie in den Köpfen der Menschen betrieben". Wenn
das so gewesen wäre, dann kann man wirklich nicht verstehen, warum
Farbige in gewissen Gegenden Ostdeutschlands ihr Leben aufs Spiel
setzen, wenn sie dort ungeschützt erscheinen.
und zuletzt noch eine letztes Stück Schäbigkeit des Herrn
Zentralsekretärs a.D., die DDR hat keine Wiedergutmachung an die
Juden bezahlt, weil sie nicht bereit war, "die Aggressionspolitik
Israels gegen seine arabischen Nachbarn mit den Steuergeldern ihrer
Bürger noch zu finanzieren." Da paßt nur noch der bekannte Spruch
des Malers Max Liebermann, ich kann gar nicht soviel essen, wieviel
ich k..... möchte.
hagalil.com
20-08-02 |