Leo-Baeck-Preis
vergeben:
Hans-Jochen Vogel geehrt
Der ehemalige SPD-Vorsitzende Hans-Jochen Vogel wurde gestern in Berlin mit dem
diesjährigen Leo-Baeck-Preis ausgezeichnet. Paul Spiegel, Präsident des
Zentralrates der Juden in Deutschland, würdigte Vogel als verlässlichen Partner
im Kampf gegen den Rechtsextremismus. Vogels Leben sei ein "großartiges Zeugnis
für einen aufrechten deutschen Demokraten".
Hans-Jochen Vogel ist Gründungsvorsitzender der 1993 gegründeten Initiative
"Gegen Vergessen - Für Demokratie". Der Verein möchte zur Aufklärung über
Ursprünge und Strukturen des Nationalsozialismus beitragen und die Erinnerung an
Opposition und Widerstand gegen die nationalsozialistische Diktatur wachhalten.
Aber auch die kritische Auseinandersetzung mit Extremismus und Rassismus ist ein
wichtiger Punkt in der Arbeit des Vereins, Fremdenhass, Ausländerfeindschaft,
Antisemitismus und anderen Formen des politischen Radikalismus sollen bekämpft
werden.
Die Laudatio bei dem Festakt im Centrum
Judaicum hielt der thüringische Ministerpräsident Bernhard Vogel (CDU), der
Bruder des Geehrten. Dass ein Vogel öffentlich über den anderen rede, sei eine
Premiere, meinte Thüringens Ministerpräsident und erinnerte daran, wie
leidenschaftlich sich Hans-Jochen Vogel in seinen vielen politischen Ämtern für
die Aussöhnung eingesetzt habe. Ein "Anwalt der Erinnerung" sei er immer
gewesen, durch dessen Leben sich der Kampf gegen das Vergessen und das
Verantwortungsgefühl für die in deutschem Namen begangenen Verbrechen wie ein
roter Faden gezogen habe.
Hans-Jochen Vogel bedankte sich sichtlich bewegt mit dem Bekenntnis, dass mit
ihm ein Mann geehrt werde, der dem verbrecherischen NS-Regime in jungen Jahren
selbst nicht genügend widerstanden habe. Die Ereignisse des 11. Septembers
veranlaßten Vogel dazu, zur Verteidigung demokratischer Werte aufzurufen. Gerade
die deutsche Geschichte lehre, wie wichtig es sei, "dem Fanatismus die Stirn zu
bieten".
Die mit 20.000 DM dotierte höchste Auszeichnung des Zentralrats der Juden in
Deutschland wird seit 1957 an Persönlichkeiten verliehen, die sich im Sinne des
jüdischen Theologen und Rabbiners Leo Baeck für die Ideale jüdischer Religion,
Toleranz, Humanismus, Völkerverständigung und für die Verwirklichung der
Menschenrechte einsetzten. Sie erinnert an den Berliner Oberrabbiner Leo Baeck,
bis 1943 bei den Gemeindemitgliedern in Berlin blieb und schließlich nach
Theresienstadt deportiert wurde. Nach 1945 lebte er bis zu seinem Tod 1956 in
London.
aue / hagalil.com / 31-10-2001 |