Judentum.Net

Judentum und Israel
haGalil onLine - http://www.hagalil.com
     

hagalil.com

Search haGalil

Veranstaltungskalender

Newsletter abonnieren
e-Postkarten
Bücher / Morascha
 

Ankommen – Weiterkommen – Einkommen:
Pilotprojekt zur Unterstützung jüdischer Zuwanderer aus der ehem. Sowjetunion

hp – tacheles reden!/haGalil

Etwa 170.000 jüdische Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion leben in Deutschland, jährlich kommen zwischen 15.000 und 20.000 hinzu. Zu deren Integration in die Arbeits- und Lebenswelt in Deutschland hat jetzt die Initiative Integration Baden ein Modellprojekt ins Leben gerufen. In Kooperation mit dem Landesarbeitsamt Baden-Württemberg wurde ein Programm aufgelegt, welches unter wissenschaftlicher Begleitung die Integrationschancen  der Zuwanderer verbessern soll. Die ersten 25 haben im August in Heidelberg begonnen.

Die Gründe für die Zuwanderung sind naheliegend und einleuchtend: Sie erhoffen sich eine Zukunft und Perspektiven für Familie und Kinder haben, wollen sich in die deutsche Arbeitswelt einbringen, jüdisches Leben leben und sich ein Leben in Sicherheit, Rechtssicherheit und Wohlstand aufbauen.

Die Integrationshindernisse sind vielfältig und sehr spezifisch: Obwohl nach Schätzungen des Moses-Mendelssohn-Zentrums Potsdam (MMZ) mehr als zwei Drittel der Zuwanderer Akademiker sind, gelingt es selten, sie im unmittelbaren Anschluss an den Sprachkurs in eine Tätigkeit im erlernten Beruf ohne Anpassungsqualifizierung zu integrieren. Der überwiegende Teil (ca. 70 %) bleibt arbeitslos.

Dies erstaunt zunächst, weil Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion häufig über eine sehr gute Ausbildung - insbesondere im Bereich der Naturwissenschaften und der Mathematik – verfügen und eine hohe Problemlösekompetenz mitbringen. Ihre Kenntnisse sind oftmals nicht auf ein enges Spezialgebiet eingegrenzt, so dass sie gute Voraussetzungen haben, sich in unterschiedliche Arbeitsgebiete einzufinden.

Ein wesentliches Hemmnis liegt in der Art und Weise der russisch-jüdischen Zuwanderer, sich selbst darzustellen. Zuwanderern aus den ehemals sozialistischen Staaten sind die Methoden der Arbeitsplatzsuche in marktwirtschaftlichen Systemen nicht geläufig. Mangelndes Selbstbewusstsein und die nicht ausreichend vorhandene Fähigkeit, seine Kompetenzen positiv darzustellen, sind häufig Hindernisse bei Bewerbungen und Vorstellungsgesprächen. Ein anderes Integrationshindernis ist die schleppende oder oftmals scheiternde Anerkennung von Schul- und Ausbildungsabschlüssen der Zuwanderer.

Ein weiteres Hindernis ist das fehlende Netzwerk. Weder sozial noch beruflich in ihrer neuen Heimat eingebunden, fehlt es schon an so banalen Rahmenbedingungen wie der Gelegenheit zum Üben der deutschen Sprache. Die jüdischen Gemeinden und Landesverbände, deren Mitgliederzahl sich durch die Zuwanderung vervierfacht hat, sind mit der Integrationsarbeit allein überfordert.

Die Zuwanderung von so vielen Menschen erfordert ein hohes Maß an Sensibilität der Verantwortlichen und der Mitarbeiterschaft in den Gemeinden, aber insbesondere eine hohe Einsatzbereitschaft der in den Gemeinden tätigen Ehrenamtlichen. Auch bemühen sich die Gemeinden um eine frühzeitige Einbindung der Zuwanderer selber in die Gemeindearbeit, da dies ein guter Weg ist, den vor allem bei den vielen älteren Zuwanderern kaum zu überwindenden Sprachbarrieren zu begegnen.

Dennoch ist die immense Arbeit, die zurzeit von der jüdischen Gemeinschaft zu leisten ist, allein durch diese nicht zu bewältigen. Zudem werden die jüdischen Zuwanderer vorwiegend in ländliche Gebiete verteilt, in denen es keine erreichbare jüdische Gemeinde gibt. So sind die Zuwanderer oft von jeglicher Betreuung durch die jüdischen Gemeinden und Sozialdienste ausgeschlossen. Eine Integration in die Jüdische Gemeinschaft ist dann nicht oder kaum möglich. Unterstützung und Hilfe durch staatliche Institutionen bei der zu leistenden Integrationsarbeit ist also unumgänglich.

Die Initiative Integration Baden ist ein hochkarätiger Verbund von Israelitischer Religionsgemeinschaft Baden, Landesarbeitsamt Baden-Württemberg, Arbeitsamt Heidelberg und der baden-württembergischen Justizministerin und Ausländerbeauftragten Corinna Werwigk-Hertneck. Wissenschaftlich begleitet wird das Modellprojekt vom Moses Mendelssohn Zentrum Potsdam, welches zusammen mit dem International Institute of Sociology der Universität Tel Aviv und der Augusta State University Georgia in den nächsten zwei Jahren eine interdisziplinäre vergleichende Untersuchung zur Situation der "russisch-jüdischen" Immigranten in Deutschland, Israel und den USA durchführt.

Die Inhalte des Projekts sind im Wesentlichen das praxisorientierte Kennenlernen der Strukturen des deutschen Arbeitsmarktes sowie das Erlernen und Erarbeiten von Selbstmarketing und Bewerbungsstrategien. Unter dem Motto „Ankommen, weiterkommen, Einkommen“ zielt es auf die Überwindung von Sprachbarrieren und auf die individuelle berufliche und persönliche Förderung der Zuwanderer, schafft im Rahmen des im Entstehen befindlichen Netzwerkes umfassende Begegnungs- und Austauschmöglichkeiten und versucht damit, die Zuwanderer aus der Abkapselung und Selbstisolierung herauszuholen.

Denn, so Werwigk-Hertneck, "diese Menschen bringen vieles mit, was unser Land bereichern kann. Sie willkommen zu heißen, ihnen systematische Starthilfe zu geben und sie in Netzwerke einzubinden, wird menschliche wie berufliche Ressourcen freisetzen, von denen wir alle profitieren werden".

Zum Weiterlesen:
Jüdische Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion in Berlin und Deutschland

hagalil.com 13-08-03


Spenden Sie mit PayPal - schnell, kostenlos und sicher!
 
haGalil.com ist kostenlos! Trotzdem: haGalil kostet Geld!

Die bei haGalil onLine und den angeschlossenen Domains veröffentlichten Texte spiegeln Meinungen und Kenntnisstand der jeweiligen Autoren.
Sie geben nicht unbedingt die Meinung der Herausgeber bzw. der Gesamtredaktion wieder.
haGalil onLine

[Impressum]
Kontakt: hagalil@hagalil.com
haGalil - Postfach 900504 - D-81505 München

1995-2013 © haGalil onLine® bzw. den angeg. Rechteinhabern
Munich - Tel Aviv - All Rights Reserved