Appell an österreichische
Bundesregierung
Die Autoren Robert Schindel, Doron Rabinovici und Robert Menasse
veröffentlichten in der Samstagsausgabe der österreichischen
Tageszeitung "Standard" eine "Erklärung zur Lage der jüdischen
Gemeinden in Österreich" und fordern die Regierung auf, ihre
Verantwortung zu übernehmen.
"An die Bundesregierung
Die Auslöschung jüdischen
Lebens in Österreich ist nicht wieder gutzumachen. Das Mindeste, was
von dieser Republik seit 1945 jedoch zu erwarten gewesen wäre, ist,
nicht Nutznießer des Raubmords, nicht Komplize des Verbrechens sein
zu wollen.
Die Regierung dieses Landes
tut, als ginge es um Almosen. Wer Darlehen auf Geraubtes anbietet,
wenn von Restitution die Rede ist, verleugnet die Verantwortung. Die
Israelitische Kultusgemeinde hat den Ermordeten gegenüber die
Pflicht, auf ein pekuniäres Einbekenntnis dessen, was ihnen angetan
wurde, zu bestehen. Verlangt ist nicht Gnade vor Recht, sondern die
Beseitigung jenes Unrechts, unter dem die Opfer seit über sechzig
Jahren leiden.
Vollkommen unabhängig davon ist
die Frage, wie viel dieser Regierung die Kultusgemeinde wert ist.
Was wäre Wien ohne jüdische Kultur? Wie niederträchtig, sich der
toten und ermordeten Juden zu berühmen, aber den lebenden nicht
beizustehen.
Die jüdische Gemeinde ist nicht
schuld daran, dass sie nicht mehr als Mäzen und Wohltäter der
Allgemeinheit auftreten kann. Sie ist nicht schuld, wenn sie ihre
Schulen und Bethäuser beschützen lassen muss.
Österreich hat die Aufgabe, der
Kultusgemeinde zu geben, was zur Aufrechterhaltung jüdischer
Existenz und Kultur nötig ist.
Ist das Kabinett bereit, seiner
Verantwortung zur Restitution des Geraubten und zum Wiederaufbau
jüdischen Lebens gerecht zu werden? Es ist an der Regierung zu
klären, ob die Zweite Republik die Antithese zum Nationalsozialismus
ist oder nicht.
Robert Schindel
Doron Rabinovici
Robert Menasse"
Forum: Wiens jüdische Gemeine - pleite?
hagalil.com
17-06-03 |