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Holocaust-Opfer bekommen ein Gesicht

Jahrzehntelang verschollen geglaubtes Archivmaterial der Gestapo taucht im Wiener Stadt- und Landesarchiv auf

"Verschleierung der jüdischen Abstammung", "Versuchte Entziehung der Deportation" oder "Rassenschande" waren Delikte, die Zigtausende in die Fänge der Wiener Gestapo brachten. Umfangreiches Archivmaterial, das jahrzehntelang als verschollen galt, wurde, wie erst jetzt bekannt wurde, im vergangenen Herbst im Wiener Stadt- und Landesarchiv gefunden. 

Die Geschichten von Tausenden Holocaust-Opfern bekämen Gesichter, freut sich Gisela Wibihail vom Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes (DÖW).

Der Beharrlichkeit des Dissertanten Thomas Mang ist es zu verdanken, dass die Dokumente ihren Weg aus dem finsteren Depot ins DÖW fanden. Nicht unter dem Stichwort Gestapo, sondern als "Gau-Akten" waren die 50 Kartons mit je 200 Fällen archiviert. Mang hatte mehr Glück als viele Forscher, die sich auf die Bestichwortungspräzision der Archivare verlassen hatten.

Es handelt sich, so Wibihail, um A 5-Kuverts mit den typischen Polizeifotos und einem erkennungsdienstlichen Akt. Darauf sind neben Name, Adresse, Alter und Gewicht auch Körpermerkmale und der Grund der Festnahme vermerkt. Zum Teil werden sie durch die Tagesrapporte der Gestapo ergänzt.

Die häufigsten Verhaftungsgründe sind die von den Nazis definierten Tatbestände "Verabredung zum Hochverrat", "Umgang mit Fremdarbeitern" oder "unerlaubte Arbeitsniederlegung". Homosexuelle und jene, denen Blutschande oder "Rassenschande", das heißt Geschlechtsverkehr mit Juden oder als minderrassig eingestuften Menschen, vorgeworfen wurde, sind die einzigen, von denen neben erkennungsdienstlichen Ablichtungen auch Ganzkörperfotos abgelegt wurden.

Das DÖW ist seit Monaten damit befasst, das Material zu sichten und zu scannen, was jedoch nicht vollständig möglich ist. Denn Angaben über noch lebende Personen unterliegen dem Datenschutz. Von den rund 1.500 jüdischen Opfern der Gestapo wurden die meisten wegen eines geringfügigen Verstoßes festgenommen. Wie viele freigelassen, deportiert und in einem KZ ermordet wurden, wird derzeit im DÖW anhand schon länger bekannter Dokumente untersucht.

RALF LEONHARD

TAZ vom 11.04.2001

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haGalil onLine 29-04-2001


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