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"Nicht nur wir, die anderen auch"

Reaktion auf einen Kommentar in der Wiener Tageszeitung "Die Presse"

Von Karl Pfeifer

Die heutige "Die Presse" hat in jeder Hinsicht wenig mit der "Neuen Freien Presse", ihrer Vorgängerin zu tun. Wenn man vom Wochenendsprektrum absieht, so hat man oft genug das Gefühl, sie ist eine Kronenzeitung für die "besseren Leut". Sie bedient zum Teil jene Lumpenbourgeoisie, deren Wohlstand mit der Beraubung der jüdischen Österreicher eng zusammenhängt und deren Weltbild sehr demjenigen vieler Leser der Kronenzeitung ähnelt.

Sie transportiert sehr oft die Vorurteile und Ressentiments des feinen Pöbels, der lange Zeit - wenn über die Vergangenheit gesprochen wurde - meinte: "Wir nicht, die anderen auch". Doch nach den vielen Skandalen der letzten zwei Jahrzehnte heißt es jetzt: "Nicht nur wir, die anderen auch".

Vielleicht niemand anderer in der "Presse" bedient den Salonpöbel so wie Thomas Chorherr, ehemaliger Chefredakteur der Presse, der seine Kommentare regelmäßig publiziert. Chorherr ist ein gebildeter Mann und er weiß was er seinem Publikum schuldet, so wie am 18.4.02 in seinem "Quergeschrieben, Was weiß Scharon von Antigone". Es muß schon ein Zitat von Sophokles sein, mit dem bewiesen werden soll, dass Scharon nicht seine Feinde liebt, wie das halt gut christliche Generäle und Politiker in der Regel tun.

Die Zeiten haben sich auch in Österreich geändert und heute erkennt sogar Thomas Chorherr dass die Ausstellung über die "Verbrechen der Wehrmacht" zum Nachdenken anregt. Wie kommt man weg von den Verbrechen der Wehrmacht? Am besten ist es, der israelischen Armee vorzuwerfen, sie verhalte sich ähnlich wie die Wehrmacht während des Zweiten Weltkriegs. Chorherr dreht den Fernseher auf "und sieht Bulldozer und Panzer, die Häuser niederwalzen, man sieht Leichen und weinende Frauen und hört vom Flüchtlingeslager Jenin, in dem die Israeli Hunderte von Menschen, nicht nur Kämpfer, sondern auch Zivilpersonen getötet haben - niedergemetzelt, wie manche sagen."

Chorherr verwechselt Ursache und Wirkung und beginnt mit dem Ende der Geschichte. Dies ist leider eine Methode, die hierzulande gerne verwendet wird, beispielsweise, wenn man bei den Benes-Dekreten, die Geschichte mit 1945 beginnen läßt. Bei Chorherr beginnt die Geschichte mit den Aktionen der israelischen Armee und er nimmt für bare Münze "was manche sagen".

Dass man in Jenin ganze Magazine von Sprengstoff gefunden hat, dass aus Jenin einige der ärgsten Selbstmordattentäter kamen, für Chorherr tut all dies nichts zur Sache, Israel wird verdammt. Wenn es gegen Israel geht, da wendet man die bewährten Methoden der katholischen Antisemiten an, die Juden durch Jahrhunderte - ohne jeden Beweis beschuldigten - Ritualmorde und Hostienschändung zu begehen.

"Mag einer ruhig fragen, ob es nicht jetzt auch schon Ghettos für die Araber gebe". Allein diese Frage impliziert, die von der palästinensischen Autonomiebehörde finanzierten und geförderten Terroristen wären mit den von deutschen und österreichischen Nazi in die Ghettos gepferchten und zum verhungern, später zum industriellen Massenmord getriebenen Juden zu vergleichen.

"In der Wehrmachtsausstellung wird nur leise gesprochen, die Erschütterung über das Wüten eines Terrorregimes ist zu spüren. Wenn, was Gott gebe, irgendwann einmal Frieden sein wird in Palästina - wird dann eine Ausstellung die Hausruinen in Ramallah zeigen und in Bethlehem? Wird man sagen, Israel werde noch lang an einer Schuld zu tragen haben?" Hier hat Chorherr unbeabsichtigt es auf den Punkt gebracht: "Nicht nur wir, die anderen auch".

Ich zweifle nicht einen Moment daran, dass die palästinensische Autonomiebehörde, die schon in Schulbüchern Haß gegen Juden predigt, alles daran setzen wird, von ihrer Verstrickung mit dem blutigen Terror abzulenken. Sie werden die Ruinen von Jenin zeigen, jedoch verschweigen wie sie Sprengfallen angebracht haben und wie oft sie von Israel gewarnt wurden, den Terror abzustellen.

Und vielleicht weil die Zeitung ganz im Besitz der katholischen Kirche ist, muß man auch den Juden Jesus mißbrauchen, um Haß gegen Juden zu erwecken: "Und mag auch - welch Symbol! - jene Kirche belagert werden, die an der Stelle erbaut wurde, wo Christus geboren worden ist - was kümmerts?" Wieder einmal ein unpassender Vergleich. Die deutschen Truppen verschanzten sich in Monte Cassino und Kesselring richtete sein Hauptquartier in San Vitale, Ravenna ein. Wenn also über hundert bewaffnete Palästinenser in einer Kirche Franziskaner als Geisel nehmen und sich nicht ergeben und Israel diesen Kämpfern einen freien Abzug ins Ausland oder einen fairen Prozeß anbietet, dann gibt er Israel die Schuld, wenn sie sich dort weiter verschanzen und nicht aufgeben.

Das plötzliche Mitgefühl Chorherrs für die Palästinenser ist ebenso geheuchelt, wie das der meisten Journalisten in diesem Land, die seinerzeit, als der jordanische König Hussein im September 1970 nicht den Terror in seinem Land dulden wollte und dabei über Zehntausende ihr Leben verloren, diese Opfer einer abenteuerlichen und verbrecherischen Politik der Führung der Palästinenser nicht mit einer Zeile bedauerten. Die reale Not und das Elend vieler Palästinenser ist auch für Thomas Chorherr lediglich ein Vehikel um seine unterschwelligen und perfiden antisemitischen Beschuldigungen zu transportieren.

 

 hagalil.com / 19-04-2002

 


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