Nach dem Grandprix:
Die Eurovision als politischer Stimmungsmesser
Sarit Hadad |
Der Grandprix d´Eurovision findet in Israel immer große
Aufmerksamkeit. Während viele in Deutschland den Schlagerwettbewerb
erst in den letzten Jahren wieder entdeckt haben und die kultigen
Auftritte von Guildo Horn und Stefan Raab verfolgten, ist in Israel
die Eurovision ein Pflichttermin. In diesem Jahr wurde besonders
heftig über die Chancen des israelischen Beitrags diskutiert und
spekuliert. |
Der große Abend ist mittlerweile vorüber. Sarit Hadat konnte
mit ihrem Lied "Light a Candle" den 12. Platz für Israel erreichen. Die
hysterischen Prognosen, Israel werde aufgrund der politischen Lage sicherlich
auf einem der hintersten Ränge landen, haben sich damit nicht bewahrheitet.
Trotzdem ist die Abstimmung ganz offensichtlich auch eine politische Bewertung,
sowie eine Abstimmung nach Sympathien. Dabei hat es aber
nicht nur Israel getroffen, auch Länder wie England, Frankreich und
Deutschland haben einen Grund verstimmt zu sein. Sie erhielten
auffallend wenig Punkte aus den osteuropäischen Ländern, die sich
großzügig gegenseitig bedachten. Deren stärker werdende Präsenz ergibt
sich aber auch aus dem immer auffälligeren Fehlen "alter" Länder. Weder
Italien, die Niederlande, Irland oder Norwegen waren in diesem Jahr
dabei. Offensichtlich nimmt man im "Westen" den Grandprix nicht mehr
ernst genug. Das ist defintiv nicht der Fall in
Israel und mit Zufriedenheit nahm man die Tatsache wahr, daß man auch
nächstes Jahr wieder mit von der Partie sein wird. Mehr als eine Million
Israelis verfolgten den Schlagerwettbewerb vor dem Bildschirm. Nach
einer Auswertung des israelischen Rating Kommittees haben 36,9 Prozent
der Bevölkerung die Eurovision gesehen. Sarit
Hadat hat sich auf jeden Fall gut geschlagen, nicht nur während der
Eurovision selbst. Sie habe die ganze Woche über zahlreiche unangenehme
Bemerkungen ertragen müssen, berichtete Yoav Ginai, der Hadats Lied
komponiert hat. Ginai bestätigte außerdem Berichte, wonach Moderatoren
in Schweden und Belgien dazu aufriefen, keine Stimmen für Israel
abzugeben. Die rüden Töne kamen jedoch fast ausschließlich von
Journalisten, die über den Wettbewerb berichteten. Viele der übrigen
Sänger haben Sarit zu ihrem Auftritt beglückwünscht, erzählte Ginai. Die
Medienkampagne der israelischen Gruppe, die vor allem die Tatsache in
den Vordergrund stellte, daß Sarit auch in arabisch singt, scheint wenig
gefruchtet zu haben. Sarit sei auf jeden Fall
die bestmögliche Wahl für den Wettbewerb gewesen, dessen ist man sich
einig. Und man ist sich auch sicher, daß sie in einem optimistischeren
Jahr eine bessere Plazierung erreicht hätte. Vielleicht hätte dann die
Moderatorin, die Israels Punkteverteilung bekannt gab auch nicht die
peinliche Wortwahl "from Jerusalem, the capital of Israel" gebraucht.
So geht man in Israel jedoch reichlich verkrampft mit dem ganzen
Schlagergewerbe um. Über die Qualität des Liedes macht sich
interessanterweise niemand Gedanken. Vielleicht hätte Sarit auch einfach
bessere Chancen gehabt, wenn sie ein hebräisches oder arabisches Lied
gesungen hätte. Von ihrem starken Akzent im englischen abgesehen, wirkt
ihre wundervolle orientalische Singweise in der europäischen Sprache
nicht. Wie auch immer, im nächsten Jahr wird man sich erneut darüber
Gedanken machen, welche Gründe den israelischen Sieg verhindern. Die
politische Lage scheint keine Anstalten zu machen, als Grund
wegzufallen.
Real Audio:
Sarit Hadad mit
Tipex aue / hagalil.com /
27-05-2002 |