Die Regierungspartei FPÖ ernennt einen
"Oberrabbiner"
Von Karl Pfeifer
"Die Juden lebten stets gut in der Diaspora, wenn es keine Einmischung von außen
gab."
Vorausschicken möchte ich die Bemerkung. Die von der österreichischen
Bundesregierung mit 62.000 EURO subventionierte Wochenzeitung "Zur Zeit"(ZZ),
die zwar die Ritualmordbeschuldigung gegen Juden verbreitete, deren Mitarbeiter
wegen Holocaustleugnung rechtskräftig verurteilt wurde und die mit schöner
Regelmäßigkeit antisemitische Texte und Karikaturen veröffentlicht, ist keine
Nazi-Zeitung. Denn wäre sie eine, dann würde sie sicher kein Interview mit einem
"Oberrabbiner" bringen.
Zur Zeit brachte aber am
26.7.02
den ersten Teil eines Interviews mit Moishe Arye Friedman (M.A.F.), dem sie den
Titel " orthodoxer Oberrabbiner" verliehen hat. Zwar bringt M.A.F. keinen minjan
(zehn jüdische Männer für ein Gebet) zusammen, aber er hat schon der "Deutschen
Nationalzeitung" ein paar Interviews gegeben und da kann ZZ nicht zurückstehen.
ZZ publiziert folgende Personalien: "Geboren 1972 in New York, aufgewachsen mit
jiddischer Muttersprache. Seine Vorfahren waren seit Jahrhunderten im
ostmitteleuropäischen Raum Rabbiner, seit dem 14. Jahrhundert mehrfach auch
Wiener Oberrabbiner. Lebt seit 14 Jahren in Europa, hat in London, der Schweiz
und Belgien studiert. Verheiratet mit einer Badgasteinerin aus alter
Rabbinerfamilie, Vater von sechs Kindern". Die den
österreichischen Koalitionsparteien nahestehende Wochenzeitung
stellte das Interview unter den Titel "Zionismus opfert Judentum".
ZZ: "Herr Obberrabbiner, Sie stehen der Orthodoxen Jüdischen
Gemeinde in Wien vor und wehren sich dagegen, Zwangsmitglied der Israelitischen
Kultusgemeinde (IKG) unter Ariel Muzicant zu werden. Was stört Sie an der IKG?"
Die darauf folgende Beschimpfung der IKG und der Wiener Juden erspare ich den
Lesern.
Als orthodoxer Jude stehen Sie in Gegnerschaft zu den
Zionisten und zum Staat Israel. Welche Perspektiven sehen Sie für das Judentum
in der Welt, wenn nicht in einem eigenen jüdischen Staat?
Friedman: Die Juden lebten stets gut in der Diaspora, wenn es
keine Einmischung von außen gab. Es gab kaum Probleme dort, vielleicht mit
Ausnahme in Rußland. Selbst die Eroberung Palästinas durch die Araber würde
keine Probleme für orthodoxe Juden bedeuten. Es wäre wenigstens dann der
Zionismus aufgelöst. Das wäre besser für die Welt und auch für die Juden! Das
klingt zwar radikal, aber rein sachlich gesehen wäre es die beste Lösung. Es ist
ja das Ziel der Zionisten und des Reformjudentums, die traditionelle jüdische
Religion auszurotten. Die Zionisten wollen aus dem Judentum eine
nationalistische, rassistische und faschistische Rassebewegung machen.
Wie beurteilen Sie die Politik Israels, den Umgang mit den
Palästinensern?
Friedman: Wir glauben, daß der Geburtstag des Staates Israel
auch der Geburtstag von allen palästinensischen Flüchtlingslagern im arabischen
Raum ist und auch der brutalsten Methoden der Geschichte gegenüber dem
palästinensischen Volk. Es ist nicht nur das Massaker von Sabra und Schatila, es
gab hier unzählige Übergriffe gegen Palästinenser im Laufe der letzten
Jahrzehnte. Kein Land der Welt hat so viele Resolutionen der Vereinten Nationen
ignoriert wie Israel! Die Juden selber sind Opfer des Zionismus. Die
Palästinenser wissen aber sehr genau, zwischen Judentum und Zionismus zu
unterschieden. Ich habe auch ganz besonders gute Beziehungen in den arabischen
diplomatischen Raum. Ich weise auch darauf hin, daß die Palästinenser sehr viel
Freunde bei uns in unserer orthodoxen jüdischen Gemeinde haben, und wir gehen
auch weltweit gemeinsam demonstrieren...
hagalil.com
25-07-02 |