Hatzl erteilt sich die
Absolution
Von Karl Pfeifer
Der Wiener Landtagspräsident Johann Hatzl (SPÖ) begründet im Radio Wien am
5.5.02 um 15 Uhr, weshalb er Ministerpräsident Sharon einen Staatsterroristen
nannte: "Ein Staatsterrorist ist einer, der mit der Macht des Staates in einem
anderen, fremden Land Menschen ohne Verurteilung tötet oder verfolgt und in
einer Form mit einer Minderheit umgeht, wie es die Juden selbst niemals haben
wollten."
Hatzl setzt die Politik der jetzigen israelischen Regierung implizit in Bezug
zum Schicksal der Juden während des Holocausts, die er als Minderheit
bezeichnet. Er "vergißt" dabei einige Unterschiede. Die jüdischen Österreicher
haben keine Nagelbombenattentate durchgeführt und wurden von ihren
österreichischen "Mitbürgern" grundlos ausgegrenzt, gedemütigt, ausgeraubt und
schlußendlich soweit sie nicht fliehen konnten dem Massenmord zugeführt. Die
Juden hatten keine Waffen und viele von ihnen glaubten auch daran, dass ihre
ehemaligen Genossen sich nicht an diesen Schandtaten beteiligen werden. Doch
allzu viele österreichische Proletarier wurden nach dem ihr Land zur Ostmark
wurde zu stolzen Ariern, die aktiven Anteil an der Verfolgung der
österreichischen Juden nahmen. Hatzl bedient mit diesem Ausspruch weit
verbreitete Ressentiments in Österreich.
Der Wiener Landtagspräsident Johann Hatzl (SPÖ) in Radio Wien am 5.5.02 um 17
Uhr: "Kritik an Israel ist nicht Antisemitismus und Kritik an einer Tagespolitik
oder einer militärischen Politik Israels kann auch nicht Antisemitismus sein und
daher ist es auch nicht Kritik an Juden. Es geht ganz konkret um eine Politik,
die der israelische Ministerpräsident betreibt."
Hatzl, der sich selbst die Absolution vom Antisemitismus erteilt, argumentiert
genau so, wie das sonst eingefleischte Rechtsextremisten tun, die wider besserem
Wissen behaupten, man dürfe Juden und den Staat Israel nicht kritisieren.
Natürlich weiß Hatzl sehr gut, dass man Juden und den jüdischen Staat
kritisieren darf. Es kommt lediglich auf den gleichen Maßstab an. Wenn also
Hatzl zum Beispiel in seiner Vergangenheit mit gleicher Schärfe die Türkei
kritisiert hätte, die hunderte kurdische Dörfer niedergebombt hat, oder die
Syrer, die 1982 die Stadt Hama mit dem Erdboden gleichgemacht und dabei mehr als
zehntausend Menschen getötet haben, dann könnte man ihm diese Kritik abnehmen.
Doch Hatzl hat nie desgleichen getan. Denn schlußendlich ließen und lassen
solche grobe Menschenrechtsverletzungen in der Regel österreichische Politiker
kalt. Damit kann man hier keine Emotionen schüren.
Erst wenn man Israel und seine legitime Regierung - an der auch die
Schwesterpartei der SPÖ teilnimmt - hinter der Maske eines humanistischen
Biedermanns delegitimieren kann, gehen die Gefühle hoch. Es muß ein erhebendes
Gefühl sein, endlich mit einer vermeintlichen Retourkutsche es den "Juden"
zeigen zu können. Es ist einfacher Israel und Ministerpräsident Sharon zu
beschimpfen, als sich mal im eigenen Land umzuschauen. Da sahen z.B.
SPÖ-Politiker zu, als man in Klagenfurt mit Sprüchen aufmarschierte wie "Meine
Ehre heißt Treue", da beteiligen sich SPÖ Politiker in Kärnten an der
chauvinistischen Hetze gegen die slowenische Minderheit. All dies zu beanstanden
könnte Wählerstimmen kosten. Die Verurteilung Israels kostet keine
Wählerstimmen.
Josef Hindels, ein Funktionär der SPÖ, der wegen seines Judentums nach 1938 nach
Schweden flüchten mußte und seine Abstammung in seiner Partei, die doch
angeblich mit Antisemitismus nie etwas am Hut hatte, sorgfältig verbarg,
berichtete von einem Gespräch nach dem Krieg mit einem hohen SPÖ-Funktionär, der
ihm sinngemäß sagte, ja, wenn es hier hunderttausend jüdische Wähler gäbe, dann
müßten wir anders politisieren, so aber müssen wir den Nazi entgegenkommen. Was
ja auch geschah. Dank dieser Politik sind bis heute die Deserteure der Wehrmacht
(auch eine verschwindend kleine Minderheit) sozialrechtlich schlechter gestellt
als die ehemaligen Mitglieder der Wehrmacht und der SS.
Die Wortwahl des Johann Hatzl ist entsetzlich und hat nichts mit einer
sachlichen Kritik an der Politik Israels zu tun. Warum verwenden diese Politiker
eine derartig überzogene Sprache lediglich immer in Bezug auf Israels Politik
oder Politiker?
hagalil.com / 06-05-2002 |