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Die Richter und ihr Hetzer
Gericht 

Die Justiz versagt einem jüdischen Journalisten, der eine Verletzung des NS-Verbotsgesetzes ortete, den Schutz vor persönlichen Beschimpfungen 

Von Florian Klenk
Falter, 7. August 2002, http://www.falter.at

Der Prozess dauerte nicht einmal 15 Minuten. So lange nahmen sich drei Richter am Wiener Oberlandesgericht (OLG) vergangenen Donnerstag Zeit, um darüber zu entscheiden, ob sich ein jüdischer Journalist als mörderischer Hetzer beschimpfen lassen muss, weil er in einem Artikel auf die "Nazitöne" eines rechtslastigen Politologen hingewiesen hatte. Der Fall ist nun rechtskräftig entschieden. Der Publizist Karl Pfeifer darf in Österreich von Haiders ehemaligen Kulturberater Andreas Mölzer öffentlich bezichtigt werden, einen "Menschen in den Selbstmord getrieben zu haben". 

Dieser Vorwurf, so OLG-Richter Werner Röggla, sein kein Wertungsexzess". Die Vorgeschichte: Karl Pfeifer, der 1938 aus Österreich flüchten musste, hatte einen Artikel über den Salzburger Politologen Karl [Werner K.P.] Pfeifenberger verfasst. Pfeifer kritisierte "Nazitöne" und die "alte Nazimär von der [jüdischen K.P.] Weltverschwörung". Pfeifers Kritik alarmierte die Staatsanwaltschaft. Sie leitete gegen den rechten Politologen ein Verfahren nach dem NS-Verbotsgesetz ein. Sogar der Spiegel widmete Pfeifenberger einen zweiseitigen Artikel. Der rechte Gelehrte flog aus der Universität [Fachhochschule Bielefeld NRW K.P.] Zu seinem Prozess gegen ihn kam es jedoch nie. Kurz vor dem Geschworenenprozess verstarb Pfeifenberger aus bislang ungeklärten Ursachen.

Andreas Mölzer hatte den Schuldigen schnell ausgemacht: Der "jüdische Journalist Karl Pfeifer" habe eine "Menschenhatz eröffnet, die in der Folge bis zum Tod des Gehetzten" gehen sollte. Mölzer startete eine publizistische Kampagne in seiner Postille Zur Zeit. Sogar in Schnorrbriefen an Abonnenten bezeichnete er Pfeifer als mörderischen Hetzer. Pfeifer wollte sich diese Hetze nicht gefallen lassen und klagte, nunächst die Zeitschrift Zur Zeit, später auch Mölzer. Der Fall schien klar: In erster Instanz sprach Richter Bruno Weis dem Journalisten einen "symbolischen Schadenersatz" von 50.000 Schilling (ca 3600 EURO) zu. Es sei "kein Lercherl" jemanden die Mitschuld am Tod eines anderen zu unterstellen, kritisierte Weis.

Doch dann hob Doris Trieb vom Oberlandesgericht das Urteil auf. Jene Richterin, die eine Karikatur Haiders als Teufelchen für "grob ehrenrührig" befunden hatte, stellte nun fest, dass der Vorwurf einer mörderischen Menschenhatz eine "zulässige Meinungsäußerung" der Zeitschrift Zur Zeit darstelle.

Im darauf folgenden Prozess gegen Mölzer änderte dann auch Richter Weis seine Meinung um 180 Grad. Eine Beleidigung, die er selbst wenige Monate zuvor mit 50.000 Schilling bestraft wissen wollte, wertete er plötzlich auch als "zulässige Kritik".

Nun bekräftigt das OLG dieses Urteil. Mölzer darf einem Juden, der 1938 flüchten hatte müssen, mörderische Hetze vorwerfen, weil dieser "Nazitöne" kritisierte. Die Meinung Mölzers, so Richter Röggla, sei auf ein "ausreichendes Tatsachensubstrat" gestützt, das die "Wertung für möglich erscheinen lässt".

Am Schluss der Verhandlung stellte Röggla zwar fest, dass "der Selbstmord des Professors nicht wirklich erwiesen ist". Aber so genau will man die "Tatsachensubstrate" offensichtlich nicht mehr untersuchen. Nachsatz des Richters: "Je schärfer der Vorwurf, desto schärfer darf die Kritik sein." Die Konsequenz: Mölzer darf einem Juden, der zu Recht einen Bruch des NS-Verbotsgesetzes kritisiert hatte, ungestraft6 und ohne Beweise "mörderische Hetze" vorwerfen.

Nachbemerkung von Karl Pfeifer: 
In meiner Rezension des Freiheitlichen Jahrbuches 1995 habe ich mit keinem Wort einen Bruch des NS-Verbotsgesetzes konstatiert, und ich hatte keinen Kontakt zur Staatsanwaltschaft, die obwohl ich vom OLG im Mai 1998 freigesprochen wurde, erst im Februar 2000 eine Anklage gegen Dr. Werner Pfeifenberger erhob. Pfeifenberger berief gegen die Staatsanwaltschaft beim Wiener Oberlandesgericht, und dort wurde seine Berufung von Dr. Werner Röggla abgelehnt. Die österreichische Bundesregierung hat die Presseförderung von Zur Zeit von 62.000 EURO im vergangenen Jahr auf 75.550.20 EURO für 2002 erhöht.

hagalil.com 19-08-02

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