Mölzers Mörder
Wie die Justiz einem jüdischen Journalisten sein Recht auf Ehre
gegenüber dem blauen Ideologen Andreas Mölzer verweigert
Von Florian Klenk
Falter, 7.2.02
Andreas Mölzer ist Chefredakteur der Wochenzeitung Zur Zeit. Er wird als
"rechter Intellektueller" gerne ins Fernsehen eingeladen. Sein Blatt wird mit
rund 62.000 Euro gefördert, obwohl es mit der deutschen "Jungen Freiheit"
kooperiert, die vom deutschen Verfassungsschutz als "rechtsextreme Publikation"
gewertet wird. Ein Zur Zeit- Mitarbeiter wurde vergangenes Jahr wegen
Wiederbetätigung zu einem Jahr bedingter Haft verurteilt. Mölzers Blatt ist in
Geldnot. "Der Druck unserer Gegner auf das Wochenblatt hat sich drastisch
erhöht", schrieb Mölzer in einem Bettelbrief an seine Leser.
Um zu Geld zu kommen listete er in dem Brief jene Feinde auf, die sein Blatt "in
die Knie zwingen" würden . Zu den Angreifern zählt er auch den "jüdischen
Journalisten" Karl Pfeifer: " Der langjährige Redakteur der Zeitschrift der
israelitischen Kultusgemeinde wurde aus Anlass des Todes von Prof. Pfeifenberger
in den Reihen jener Jagdgesellschaft geortet, die den konservativen
Politikwissenschafter in den Selbstmord getrieben hat", versicherte Mölzer.
Haiders ehemaliger Kulturberater muss für seine Behauptung keinen Beweis
erbringen. Sie ist nämlich seine "Meinung" und als solche von der Justiz
geschützt (siehe dazu auch Kommentar Seite 6) Mölzer hat vergangene Woche einen
Ehrenbeleidigungsprozess gegen Karl Pfeifer gewonnen. Ergebnis: Es ist zulässig,
einen jüdischen Journalisten, der einen rechtsradikalen Professor zu Recht
kritisierte, öffentlich als moralischen Mörder zu denunzieren.
Die Vorgeschichte: Karl Pfeifer, der 1938 aus Österreich flüchten musste, hatte
1995 einen Artikel über den Salzburger Politologen Werner Pfeifenberger
verfasst. Im "Jahrbuch für Politische Erneuerung" der FPÖ (Co-Herausgeber:
Andreas Mölzer) hatte der Politologe einschlägige Thesen verbreitet. Pfeifer
kritisierte sie in seiner Rezension als "Nazidiktion" und "alte Nazimär von der
Weltverschwörung". Die Staatsanwaltschaft klagte den Politologen Pfeifenberger
nach dem Verbotsgesetz an. Kurz vor dem Geschworenenprozess beging dieser aus
bisher ungeklärten Gründen Selbstmord.
Es folgte eine publizistische Kampagne Mölzers gegen Pfeifer. Ein Autor, der
sich hinter dem Pseudonym "Erwin Steinberger" versteckte (wahrscheinlich Mölzer
selbst), warf Pfeifer im Juni 2000 vor, "eine Menschenhatz eröffnet zu haben,
die in der Folge bis zum Tod des Gehetzten gehen sollte". Pfeifer klagte und
gewann in erster Instanz: "Jemandem eine moralische Mitschuld am Tod eines
Menschen vorzuwerfen, ist kein Lercherl", entrüstete sich Medienrichter Bruno
Weis und sprach Pfeifer 50.000 Schilling Entschädigung zu. Mölzer habe die
Grenzen der Meinungsfreiheit überschritten.
In zweiter Instanz jedoch verlor Pfeifer. Richterin Doris Trieb empfand den
Vorwurf der "Menschenhatz, die in den Tod führen sollte" als "zulässige
Meinungsäußerung". Trieb zeigte vergangenes Jahr im Saal auf Pfeifer und stellte
fest: "Mit ihrem Artikel, Herr Pfeifer haben sie eine Lawine ausgelöst, die dazu
führte, dass die Grünen und die Sozialdemokraten in Deutschland Pfeifenberger
aus dem Amt drängten". Zur Zeit jubelte: "Der Fall des Karl Pfeifer".
Nun ist auch der vorläufig letzte Prozess in dieser Causa entschieden.
Vergangene Woche gewann Zur Zeit- Chef Andreas Mölzer auch jenen Prozess, den
Pfeifer gegen ihn wegen des "Schnorrbriefes" angestrengt hatte.. Bruno Weis, der
ähnliche Vorwürfe vergangenes Jahr als "kein Lercherl" verurteilte, sieht
plötzlich nichts Ehrenrühriges darin, einem Juden die moralische Mitschuld am
Selbstmord eines Professors zu unterstellen. Weis wörtlich: "Mölzer hat Karl
Pfeifer zufällig in den Reihen der Jagdgesellschaft geortet und diese Reihen
sind nicht wie bei Horst Wessel so fest geschlossen". Das "Horst Wessel-Lied",
benannt nach dem gleichnamigen Führer des SA-Sturms, der es verfaßte, war im
Dritten Reich eine Art Nationalhymne. Die erste Strophe lautet: "Die Fahne hoch!
/ Die Reihen dicht geschlossen! "
Karl Pfeifer will nun den Europäischen Gerichtshof in Strassburg anrufen. Er
fühlt sich als Journalist vom Staat im Stich gelassen. Die israelische Zeitung
"Haaretz" widmete dem Prozess eine ganze Seite. Titel der Geschichte: "Auch am
Selbstmord ist der Jude schuld".
Mitarbeit: Nina Weißensteiner
hagalil.com / 07-02-2002 |