Sieg für
eine Minderheit:
Proteste von israelischen
Behinderten beigelegt
77 Tage und Nächte protestierten Behinderte vor dem Regierungsgebäude
für Arbeit und Soziales in Jerusalem. Gestern wurde ihnen endlich ein
Teil ihrer Forderungen zugesprochen und ein Übereinkommen gefunden. Der
Protest wurde offiziell beendet, nachdem das Kabinett dem Kompromiss,
der bereits letzte Woche gefunden wurde, zustimmte.
Etwa 100.000
Behinderte bekommen danach in Zukunft 200 NIS mehr im Monat und erhalten
damit 1.050 NIS. Die Regierung muß dafür jährlich 400 Millionen Schekel
aufbringen. Mehrere Minister haben bereits bekräftigt, daß sie aus ihrem
Budge-Anteil nichts für das Abkommen abtreten werden. Die Finanzierung
ist damit noch unsicher. Auch die Arbeit des Kommitees, das für die
Lösung weiterer Probleme gebildet werden soll, wird nicht einfach
werden.
Die Protestierer freuten sich
trotzdem über ihren ersten Sieg. Gerade die Tatsache, daß so eine kleine
und schwache Minorität ihre Anliegen durchsetzen konnte, sei ein großer
Erfolg, sagte Ruth Lahav, Vorsitzende des Kibbutz
Behinderten Kommittees, Hemed.
Für einige ist
der Protest jedoch nicht nicht vorbei. Etwa 30 behinderte Demonstranten
blieben nach dem Abklingen der Siegesreden vor Ort. Sie möchten weiter
protestieren, gegen die Weigerung der Regierung, Beit Kessler zu öffnen,
eine Einrichtung, die Schwerbehinderten Unterkunft bieten soll, aber
seit ihrer Fertigstellung nicht genutzt wird.
Obwohl die
Öffnung des Hauses zu den Forderungen der Behinderten gehörte, wurde der
Punkt in der Übereinkunft mit der Regierung nicht angesprochen. 11.200
Schekel monatlich pro Bewohner, das war dem Kabinett entschieden zu
viel. Stattdessen werden nun 10.600 NIS insgesamt pro Monat bezahlt und
in sechs Monaten soll die Entscheidung neu diskutiert werden.
Minoritäten wie Behinderte haben
es besonders in diesen Zeiten schwer in Israel. Die gesamte
Konzentration liegt auf der Sicherheitslage des Staates. Vielen Menschen
erscheinen die Forderungen angesichts des Terrors und der
Gewaltübergriffe unwichtig. Die innenpolitische Situation gerät ins
Abseits, es sei denn, sie wird von den religiösen Parteien aufs Feld
gebracht. Doch die unstabile politische Lage hat eine enorme Teuerung
mit sich gebracht. Die Preise sind allgemein extrem hoch, der Schekel
steht schlecht. Das spüren nicht nur behinderte Israelis, doch die
andren müssen nicht von der Unterstützung des Staates leben.
Bleibt zu hoffen, was der Meretz-Abgeordnete Ilan
Gillon aussprach, daß sich andere Minderheiten durch diesen Erfolg
angespornt sehen und Initiative ergreifen.
aue / hagalil.com / 04-03-2002 |