Fischer Friedensfürst
Der Außenminister trifft in Nahost auf ein Vakuum
und kann deshalb mit kleinen Erfolgen rechnen
Von
Thorsten Schmitz
Der neue US-Nahostbeauftragte
William Burns macht in der Region durch seine Abwesenheit von sich
reden. Er war vor drei Monaten das letzte Mal im Auftrag seines
Präsidenten George W. Bush in Jerusalem und Ramallah. Bewirkt hat Burns
nichts. Ohnehin wollen sich die USA nicht mit fehlgeschlagenen
Vermittlungsbemühungen blamieren. Auch die EU hält sich raus und begnügt
sich mit bloßen Appellen. Doch es herrscht seit fast elf Monaten Krieg,
und das Vakuum, das Bush und EU durch ihre Untätigkeit schaffen, wird
zusehends größer.
Israel und die Palästinenser
haben alles Vertrauen zerstört. Es sprechen die Waffen. Die Region sieht
sich einem Abnutzungskrieg ausgesetzt, der kein baldiges Ende
verspricht. Premierminister Ariel Scharon sagt, ein Frieden sei derzeit
nicht erreichbar. In dieser hoffnungsleeren Situation schlägt Joschka
Fischers Stunde. Der Außenminister vermag allein schon durch bloße
Präsenz den Weg zum Abgrund zu verlängern. Erinnert sei an den 1. Juni,
als ein palästinensischer Selbstmordattentäter sich und 21 junge
Israelis vor einer Diskothek in Tel Aviv und in Sichtweite von Fischers
Hotelbalkon in die Luft sprengte. Am Morgen danach war Fischer noch vor
allen israelischen Politikern am Anschlagsort und legte Blumen nieder.
Dafür zollte Israel ihm Respekt. Wenige Stunden später gelang Fischer in
einem diplomatischen Feuerwehreinsatz – zu dem ihm USA und EU alle
Rückendeckung erteilt hatten –, einen Vergeltungsschlag Israels zu
verhindern und das Ja von Palästinenserpräsident Jassir Arafat zu einem
Waffenstillstand zu ertrotzen.
Zurzeit kann man Israel und die
Palästinenser nicht sich selbst überlassen. Deshalb ist Fischer nach
zweieinhalb Monaten nun zurückgekehrt. Und siehe da: Schon wieder bewegt
sich etwas. Noch bevor er mit Schimon Peres zusammenkam und den
israelischen Außenminister unter anderem zur Zahlung ausstehender
Steuervergütungen an die Palästinenser aufforderte, erlaubte Israel die
Einreise mehrerer tausend palästinensischer Arbeiter nach Israel. Es ist
eine Geste, die Israel als Zeichen guten Willens verkauft, die in
Wahrheit aber auf Druck von EU und USA zu Stande kommt. Dass Fischer nun
Arafat und Peres nach Berlin eingeladen hat, verdeutlicht ebenfalls,
dass man beide Parteien zum Dialog bewegen kann. Es zeigt außerdem
Deutschlands wachsenden Einfluss ausgerechnet im Nahen Osten, einer
Region, aus der man sich bislang aus historischen Gründen herauszuhalten
versucht hat.
In Israel wird die Kritik an der
Abwesenheit der USA immer lauter – und Fischer sieht sich von den Medien
als Heilsbringer dargestellt. Er erntet viel Lob, man erhofft sich durch
sein Engagement ein Ende der Gewalt, viel zu verlieren hat er auch
nicht. Selbstverständlich wird ein Treffen von Peres und Arafat in
Berlin keinen Frieden bringen. Aber Fischer könnte es als Auftakt
nutzen, um seinen Einsatz als Nahostbeauftragter zu
institutionalisieren. Schließlich genießt Deutschland auch in der
arabischen Welt einen guten Ruf. Die neue Rolle stünde dem Außenminister
gut an.
haGalil onLine
22-08-2001 |