Im israelischen Internet:
Die Wut von Nourit Peled
Der Tod hat eine Regierung...
Die Israelis sind das internetfreundlichste Volk der Welt. Auf der Seite von
Yedioth Aharonot, der großen populären Tageszeitung des Landes, wimmelt es an
Debatten. Am Montag, den 3. Dezember, nach den mörderischen Hamas-Attentaten
gegen Israel, hat auf
http://ynet.co.il ein langer Kommentar mit dem Titel "Der Tod hat eine
Regierung" eine ungewöhnliche Zahl an Reaktionen ausgelöst.
Weil deren Autorin nicht irgendjemand ist.
Nourit Peled-Elkhanan ist die Tochter des Generals Mattityahou Peled, des einen
militärischen "Stars" Israels, der nach 1967 ein entschiedener Gegner der
Siedlungspolitik geworden ist. Weil sie selbst ein Opfer des blinden Terrorismus
geworden ist: 1997 starb ihre Tochter Smadar, 14 Jahre alt, infolge eines
Hamas-Attentates in Jerusalem. Weil ihr Posting die "blinde" Politik Ariel
Sharons anklagt.
"Dylan Thomas hat ein Gedicht mit dem Titel geschrieben "Und der Tod wird keine
Regierung haben " In Israel hat der Tod eine Regierung. Der Tod regiert hier und
diese Regierung ist eine Regierung des Todes" schreibt Frau Peled. "Der
israelischen Indoktrinierungsmaschine gelingt es, diese Attentate als vollkommen
von jeglicher israelischen Realität losgelöst darzustellen. Es gibt "arabische
Mörder" und "israelische Opfer". Wer jedoch über Gedächtniis verfügt (...) weiß,
daß diese Attentate nur die letzten in einer seit 34 Jahren anhaltender Kette
furchtbarer blutiger Ereignisse sind. Und sie nur einen Grund haben: eine
grausame Besetzung. Eine Besetzung, welche Demütigung, Hunger, Unmöglichkeit des
Lebenserwerb, Häuserzerstörungen, Herausreißen von Bäumen, Ermordung von Kinder,
Inhaftierung von Jugendlichen ohne vorherigen Prozeß unter abscheulichen
Bedingungen, Tod von Säuglingen bei Militärsperren und politischen Irrweg
bedeutet." Nourit, die Israelin, lehnt die Politik eines Mannes, Ariel Sharon,
ab, der "unsere Kinder entweder zu Mörder oder zu Ermordeten" macht.
Immense Betroffenheit, endlose Reaktionen
auf der Webseite. Beschimpfungen: "Idiotin", "Du, Besetzerin, worauf wartest du,
um hier zu verschwinden?" "Wann werden Sie begreifen, daß wir es mit
widerwärtigen, blutdurstigen, unmenschlichen Mördern, mit M-O-N-S-T-E-R-N zu tun
haben?", fragt Shirat. "Sie sind der lebendige Beweis, schreibt Mikhal, eine
Rechtsanwältin, die gegen die "Defaitisten" zu Felde zieht, " dafür, daß die
Palästinenser den Sieg davon tragen." " Und natürlich, ergänzt Haim Netanya,
wieder sind wir die Schuldigen!" Zahlreiche Internetsurfer haben sich über den
Inhalt des Textes empört, respektieren jedoch den Schmerz einer Mutter. "Wo ist
die palästinensische Linke, die wie Sie denkt?" fragt ironisch einer von ihnen.
Allerdings gibt es eine unerwartete Zahl Unterstützungspostings, zahlreiche
"Bravo !", "Geben Sie nicht nach", "Endlich jemand, der die Wahrheit sagt !".
"Wir verstehen nur die Sprache der Gewalt. Es waren Hunderte von Toten
notwendig, ehe wir den Libanon verließen. Um Judäa und Samaria zu verlassen,
werden wir offensichtlich Tausende von Tote brauchen" schreibt Tal aus Haifa.
"Auf dem Gymnasium bin ich Ihre Schülerin gewesen, schreibt Rina aus Jérusalem.
Und der Tod Ihrer Tochter hat mich erschüttert. Ich habe zur Besetzung und zu
den angeblichen Verbrechen, die wir begehen sollen, einen anderen Standpunkt als
Sie. Dennoch bin ich glücklich, daß gerade weil Sie eine derart großes Unglück
erfahren haben, Sie Ihren Ideen treu geblieben sind und diese weiterhin
öffentlich machen. Ich wünsche Ihnen weiterhin Mut".
hagalil.com / 10-12-2001 |