Polizisten
am Strand:
Die letzte Bastion der
Unbeschwerten
Wo kann man
noch hingehen in diesen Zeiten? Jedenfalls nicht in die zahlreichen
Pubs, Cafes und Bars. Auch nicht in die Fußgängerzone, nicht zu den
zahlreichen Freiluftveranstaltungen. Die meisten Israelis haben dieses
Jahr sogar auf das traditionelle Grillspektakel am Unabhängigkeitstag
verzichtet. Alles wegen "der Lage".
Die letzte
Bastion der Unbeschwerten ist der Strand. Ob man trotz "der Lage" noch
an den Strand gehen kann, das fragt sich kaum einer, man tut es einfach.
Den so viel ist klar, es gibt kaum etwas Entspannenderes als einen
Shabbat am Strand von Tel Aviv. Auch wenn Entspannung hier vielleicht
eine etwas andere Bedeutung hat als man vermutet.
Aber es ist
einfach herrlich zwischen den Leuten zu liegen und den Gesprächen zu
lauschen. Lauschen ist nicht ganz richtig, meistens wird so laut
diskutiert, daß man sich nicht gerade anstrengen muß, um davon jedes
Wort mitzubekommen. Natürlich wird viel über die politische Situation
gesprochen, aber es gibt auch wichtigere Themen, z.B. ob der Strand in
Bat Jam nicht eigentlich doch der schönere ist, warum haPoel Tel Aviv so
schlapp war vergangene Woche und wann endlich der Eismann wieder
vorbeikommt.
Der läßt nicht
lange auf sich warten, schreit ununterbrochen: Artik, Hallo Artik,
Banana-Limon-Mischmisch (Eis, Hallo Eis, Banane-Zitrone-Aprikose).
Genauso der dicke Mann, der sich unter Strömen von Schweiß den Strand
entlang schleppt und Matkot-Schläger und Frisbee-Scheiben verkauft.
Rumschreien ist aber hauptsächlich die Aufgabe der Lifeguards.
Hundebesitzer werden angebellt, daß sie sofort verschwinden sollen, an
den Hundestrand. Schwimmer werden angeschrien, ja nicht zu weit
rauszuschwimmen. Da fühlt man sich doch in guten Händen.
Auf einmal dann
zwei Reiter mit ihren Pferden, keine berittene Polizei, einfach
Freizeitreiter, die offensichtlich die Aufmerksamkeit genießen. Der
Lifeguard schreit so sehr in sein Megaphon, daß es übersteuert. Was ein
entspannter Shabbat!
Und da
behaupten doch tatsächlich einige, daß man auch am Strand nicht mehr
sicher sein kann. Seitdem patrollieren Polizisten entlang der Promenade.
In den Abendnachrichten interviewte man vergangene Woche zahlreiche
Strandgänger, die sich, darauf angesprochen, plötzlich besorgt äußerten,
daß sie keine Polizisten gesehen hätten. Also sind jetzt noch mehr
unterwegs. Ohne Uniformierte fühlen sich die meisten offensichtlich
nicht mehr wohl.
Heute war
leider schlechtes Wetter, also kein Strand-Shabbat. Nächste Woche wird
es aber bestimmt wieder so sein wie immer. Ein paar Polizisten mehr, das
stimmt. Aber zwischen dem mechanischen Tacken der Matkot-Spieler, dem
Geschrei der Lifeguards und dem ganzen übrigen Treiben kann man doch
alles ein wenig hinter sich lassen und das Gefühl haben, es ist alles
wie früher.
Die Polizisten
am Strand waren übrigens auch dem Internetdienst eine kleine Nachricht
wert. Peinlich nur der Fehler in der
Bildunterschrift: "Israelische Polizisten auf einem Kontrollgang am
Strand von Paris: Im ganzen Land herrscht große Angst." Wie in Paris?
Jenin reicht noch nicht? Sind die Israelis jetzt auch in Paris
einmarschiert?? Nein, muß wohl doch ein Fehler sein, zumindest kann ich
mich an keinen Strand in Paris erinnern.
aue / hagalil.com / 20-04-2002 |