Israelische
Politik:
Gezielter Mord oder Attentat verhindert?
Gestern hat Israel erneut Palästinenser im Westjordanland getötet. Insgesamt
kamen sechs Palästinenser ums Leben. Der Hubschraubereinsatz galt einem
führenden Aktivisten der Hamas in Hebron. Die Angriffe stehen unmittelbar vor
dem geplanten Friedenstreffen auf Mallorca.
Das Treffen soll am Rande einer Wirtschaftskonferenz auf Mallorca
stattfinden und am Freitag oder Samstag eine weitere Begegnung des
israelischen Außenminister Schimon Peres mit dem palästinensischen
Präsidenten Jassir Arafat ermöglichen. Während der israelische
Premierminister Scharon betonte, dass es dabei nicht um Verhandlungen
gehen werde, kritisierte Peres diese Aussage im israelischen Rundfunk:
"Wenn wir sagen, dass Verhandlungen unter Beschuss verboten sind, dann
lassen wir zu, dass die Terroristen die Kontrolle übernehmen".
Der palästinensische Kabinettsminister Ahmed Abdel Rahman verurteilte
die jüngsten Militäraktionen als "abscheuliche Verbrechen". Sie werden
nur einer weiteren Eskalation der Gewalt Vorschub geleistet, kritisierte
er. Scharon sabotiere so die Bemühungen der palästinensischen
Autonomieregierung um eine Festigung des vereinbarten Waffenstillstands.
Scharon traf unterdessen mit dem britischen Premierminister Tony Blair
zusammen. Aber auch ihm gegenüber zeigte er sich zu keinen
Zugeständnissen bereit. Israel habe aber nicht die Absicht, in den
palästinensischen Gebieten zu bleiben. Nach dem Abzug vom Sonntag aus
Beth-Lechem und Beth-Dschalla sind israelische Truppen noch in vier
palästinensischen Städten stationiert.
Bei dem Hamas-Aktivisten, der am Mittwoch getötet wurde, handelte es
sich um Jamil Jadallah. Jadallah wurde wegen mehrerer Morde verurteilt
und verbrachte Jahre in palästinensischen Gefängnissen. Er wird von
Israel der Planung mehrerer Selbstmordanschläge in Israel beschuldigt,
darunter der Anschlag vor dem Dolphinarium am Strand von Tel Aviv, bei
dem am 1. Juni 22 Israelis getötet wurden. Ein zweiter palästinensischer
Extremist, ebenfalls Mitglied der Hamas, wurde in Tulkarem von
israelischen Soldaten vor seinem Geschäft tödlich verletzt.
Der Medienberater des Premierministers verschickte daraufhin eine Nachricht
unter der Überschrift: "Terrorakt vereitelt; Hochrangiger Hamas-Terrorist
getötet". Der Akt sei gerechtfertigt, denn Jadallah hielt sich mit Wissen und
Unterstützung des palästinensischen Sicherheitsapparats in Hebron auf. Jadallah
wurde zwar von palästinensischer Seite zu lebenslanger Haft verurteilt,
allerdings floh er vier Mal aus dem Gefängnis und die palästinensische Seite
habe nichts getan, um ihn wieder zu verhaften.
Und da ist er wieder, der Zwiespalt der israelischen Politik der vergangenen
Monate. Auch wenn die Attentate, für die Jadallah verantwortlich gemacht wird,
unbeschreiblich schrecklich sind, auch wenn die Gefahr bestand, dass er weitere
Attentate plant. Hat ein demokratischer Rechtstaat das Recht dazu, einen
Menschen gezielt zu töten? aue /
hagalil.com / 01-11-2001 |