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"Gojim" im Theater Schachar:
Parallele als kritische Provokation

Eine Liebe zwischen einer Jüdin und einem Nazi gestern und heute: Das Stück "Gojim" über die Kontinuität von Antisemitismus, das Szenen aus der NS-Zeit und der Gegenwart geschickt montiert, feierte vergangenen Freitag im Theater Schachar Premiere

Von Matthias Seeberg

Das Problem der Deutschen mit ihrer jüngeren Vergangenheit wird erst recht seit der Wiedervereinigung vielerorts als gelöst betrachtet. Und die Bedrohung durch nationalsozialistische Nachwehen sei durch eine funktionierende Demokratie gebannt. Das Stück Gojim - nach der jiddischen Bezeichnung für Nichtjuden - das vergangenen Freitag im Theater Schachar Premiere hatte, macht jedoch auf ein Fortbestehen antisemitischer Haltungen aufmerksam.

Regisseur Daniel Haw verkoppelt in einer dramaturgisch ausgeklügelten Parallelmontage zwei Liebesgeschichten, die beide an den gleichen Umständen scheitern: am antisemitischen und rassistischen Wahn ihrer gesellschaftlichen Umwelt. Das jüdische Mädchen Esther verliebt sich im Hamburg des Jahres 1941 in Hans, der als Anwärter für die SS für die Deportation der Juden ausgebildet wird. 60 Jahre später hat Hans, der Sohn eines rechtsextremistischen Parteiführers, mit den Schwierigkeiten zu kämpfen, die ihm seine Liebe zu dem jüdischen Mädchen Esther mit den Kameraden von der Partei bereitet.

In 19 Szenenbildern werden auf einer spartanisch gestalteten Bühne die Geschehnisse von 1941 mit denen im Jahr 2001 verschränkt, als wären Vergangenheit und Gegenwart in ihrer Repressivität austauschbar. Der platten Parallelisierung entkommt das Stück aber durch seine diskursive Struktur: die konstruierte Handlung erweist sich gerade in der Übertreibung als Modell der Kritik, indem sie zum Nachdenken über vorhandene Unterschiede zwischen der einstigen und der jetztigen Situation auffordert.

Gojim geht es nicht um ein Ergründen der Ursachen, sondern um die Konsequenzen des durch Sozialisation verinnerlichten Antisemitismus. Wenn eine wirkliche Aufarbeitung der Vergangenheit, wie Adorno einst bemerkte, erst mit der Beseitigung von deren Ursachen stattgefunden hat, dann verdeutlicht Gojim, dass in der viel gepriesenen Demokratie von der Beseitigung wenig zu bemerken ist. Die autoritären Familienverhältnisse und ihre sozialpsychologische Folge, der Ohnmacht gegenüber der eigenen Umwelt nur durch Hingabe entfliehen zu können, haben sich längst nicht geändert. Es geht dem Stück genau darum, auf die verheerenden Folgen dieser Tatsache aufmerksam zu machen und der verbreiteten Arglosigkeit mit kritischer Provokation gegenüberzutreten.

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