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Der Architekt Fritz Landauer:
Synagogenbau und Projekte in Fürth und Nürnberg

Ausstellung im Jüdischen Museum Fürth 
23. Oktober 2002 - 2. März 2003
Eröffnung: Dienstag, 22. Oktober 2002, 19:30 Uhr

Der in München tätige Architekt Fritz Landauer (1883-1968) war einer der wenigen Vertreter des Neuen Bauens in Süddeutschland. Er galt vor dem zweiten Weltkrieg als Spezialist auf dem Gebiet des Synagogenbaus. 

Neben den Synagogen in Augsburg, Plauen und London entwarf er Wohnhäuser und Zweckbauten, aber auch Möbel und Grabmäler. Verfolgung und Vertreibung ließen ihn wie viele deutsch-jüdische Architekten in Vergessenheit geraten.


Fritz Landauer: Synagoge Augsburg, 1913-1917, Innenansicht
(Foto: Jüdisches Museum Franken)

In ihrer mehrjährigen Forschungsarbeit konnte die Kunsthistorikerin Dr. Sabine Klotz Leben und Werk Fritz Landauers nahezu lückenlos rekonstruieren und im zeitgenössischen Kontext darstellen.

Aus dem breiten Werk Landauers werden im Rahmen der Ausstellung im Jüdischen Museum Franken "Synagogenbauten und Projekte" das Denkmal für die jüdischen Gefallenen des Ersten Weltkrieges (1921-22) in Nürnberg sowie zwei Wohnhäuser in Fürth (1912-14 und 1930-31) anhand von Plänen, historischen Fotografien und Modellen gezeigt. Reproduktionen von Archivalien aus deutschen und englischen Archiven beleuchten Landauers persönlichen Lebensweg.


Fritz Landauer: Haus Hirschmann in Fürth, 1930-1931, Außenansicht
(Foto: Architekturmuseum Schwaben, Augsburg)

Im Synagogenbau zählte Landauer zu den bedeutenden Architekten, die dieser Bauaufgabe neue Impulse gaben. Seine Bemühungen um eine neue jüdische Sakralarchitektur haben ihren Anfang und gleichzeitig ersten Höhepunkt in der Synagoge in Augsburg, die nach den Plänen Fritz Landauers und Heinrich Lömpels zwischen 1913 und 1917 erbaut wurde. In einer Mischung von orientalischen, spätantiken aber auch modernen, zeittypischen Stilelementen wurde der Versuch unternommen, ganz im Sinne der "jüdischen Renaissance"; eine spezifisch jüdische Architektur zu formulieren. Die räumliche Abfolge von Brunnenhof, Vorhalle und Kultraum verweist auf den Salomonischen Tempel als spirituellen Bezugspunkt. Das Ausstattungsprogramm markiert einen Höhepunkt bildlicher Synagogenausstattungen seit etwa 1900. Bei all den vielfältigen historischen Anspielungen ist die Augsburger Synagoge ein moderner Bau im Geist des frühen 20. Jahrhunderts, bei dem einzelne Bauteile in moderner Eisenbetonkonstruktion errichtet wurden.

Die Synagoge in Plauen (1928-30) zählt zu den Hauptwerken des modernen Sakralbaus in der Weimarer Republik. In Ausstattungsprogramm, Licht- und Raumwirkung der Augsburger Synagoge verwandt, war die Plauener in Formen, Materialien und Techniken eine der frühesten Synagogen in der Architekturauffassung des Neuen Bauens. Für Landauer stellte die moderne Architektur im Kultbau eine logische Konsequenz aus zeitbedingten Wandlungen in Lebensart und Religionsauffassung dar. Sachlichkeit und religiöse Versenkung bildeten für ihn keinen Gegensatz.

Die Wettbewerbsentwürfe für eine Synagoge in Hamburg gaben Landauer 1929 die Gelegenheit, in Anbetracht wirtschaftlicher Krisenzeiten eine richtungsweisende Reduktion des traditionellen Raumprogramms einer Synagoge vorzunehmen.

Noch bevor Landauer mit seiner Familie endgültig nach London emigrierte, war er dort zwischen 1935 und 1937 für den Bau von zwei Synagogen verantwortlich. Diese in den Dimensionen bescheidene Bauten markieren in England den ersten Versuch, im Synagogenbau Errungenschaften des Neuen Bauens mit der traditionsgebundenen englischen Architektur zu vereinen.

Nach dem Ersten Weltkrieg hatte auch Landauers plastische Begabung im Bereich der Grab- und Denkmalskunst einen derartigen Bekanntheitsgrad erreicht, dass ihn die beiden größten jüdischen Gemeinden in Bayerns, in Nürnberg und die München, mit der Gestaltung der Denkmäler für ihre im Ersten Weltkrieg gefallenen Mitglieder beauftragten. Jüdische Ehrenmale unterschieden sich nicht von denen der christlichen Konfessionen und von staatlichen Aufträgen. Mit ihnen sollte jedoch nicht nur die Ehrung der Toten sichtbar zum Ausdruck gebracht werden, sondern auch Opferbereitschaft und Vaterlandsliebe der deutschen Juden, die von einer zunehmenden antisemitischen Umwelt in Frage gestellt und geleugnet wurden. Das Gefallenendenkmal in Nürnberg wurde 1937 mit antisemitischer Polemik als "Siegesmal der jüdischen Weltverschwörung" diffamiert.

In Fürth stehen noch heute zwei von Landauer entworfene Wohnhäuser: das Haus Kunreuther in der Kutzerstraße, ein neuklassizistisches Gebäude mit Walmdach und das Haus Hirschmann in der Würzburger Straße, eine Villa in der Formensprache des Neuen Bauens. Letztere blieb eines der wenigen Beispiel der Neuen Sachlichkeit im Wohnungsbau der zwanziger und dreißiger Jahre in Bayern.

Landauers Werk und Biographie eröffnet tiefe Einblicke in die Baukultur seiner Zeit wie auch in die Lebens- und Arbeitsumstände eines deutsch-jüdischen Architekten. Sein Werdegang ist ein Beispiel für den äußerst komplexen Prozess der Ausschaltung jüdischer Architekten aus dem Berufsleben nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten. Im Unterschied zu bereits international anerkannten Architekten war die Emigration nach London für Landauer mit enormen Belastungen verbunden, sowohl beim beruflichen wie auch beim persönlichen Neuanfang. Trotz anfänglicher Erfolge gelang es ihm nicht, sich dauerhaft als Architekt zu etablieren.

Ein 1940 gegründetes Unternehmen für Entwurf und Lieferung von Grabsteinen war seine einzige Erwerbsmöglichkeit. Als Landauer nach langem Ringen 1955 von der Bundesrepublik entschädigt wurde, konnte er seine "Ersatz-Tätigkeit" aufgeben. 1968 starb er in London.

Als Ergänzung zu Ausstellung des Architekturmuseums Schwaben beleuchtet das Jüdische Museum Franken in einer Andockung die Geschichte ehemaliger Bewohner eines von Landauer entworfenen Hauses in Fürth, der Familie Karl Kunreuther.

Die Familiengeschichte Kunreuther spiegelt das Leben der gehobenen Mittelschicht deutscher Juden bis in die 30er Jahre, das sozial, wirtschaftlich und kulturell im deutschen Bürgertum jener Zeit verankert war. Karl Kunreuther führte mit seinen Brüdern die 1891 vom Vater gegründete Spiegelmanufaktur weiter und baute sie zu dem erfolgreichen Unternehmen der "Vereinigten Spiegelwerke" aus. Darüber hinaus engagierte er sich im Fürther Stadtrat und war im Vorstand der jüdischen Gemeinde Fürth. Außerdem leitete er als Vorsitzender der Ortsgruppe Fürth des Centralvereins der deutschen Staatsbürger jüdischen Glaubens dessen kulturelle Veranstaltungen vor Ort. Genau wie seine drei Brüder trat er im Ersten Weltkrieg für sein Vaterland ein. Paula Kunreuther erhielt aus Auszeichnung für Personen, die sich in den Jahren 1914-18 besonders um die allgemeine Wohlfahrt des Landes Bayern bemüht hatten, das König-Ludwig-Kreuz.

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten entschloß er sich früher als die übrigen Mitglieder der weitverzweigten Familie Kunreuther zur Emigration. Im September 1934 verließen Karl Kunreuther, seine Frau und seine Söhne Deutschland. Das Haus mit Grundstück in der Kutzerstraße wurde von einem Anwalt verkauft, die Spiegelfirma dem Bruder Stefan Kunreuther als alleinigem Besitzer übergeben. Nicht alle Mitglieder der Familie Kunreuther entkamen der Verfolgung. Die Enkel von Karl und Paula Kunreuther leben heute in den Vereinigten Staaten.

Dank der großzügigen Leihgabe von Nachfahren der Familie Kunreuther in New York beleuchtet das Jüdische Museum Franken in einer Andockung die Geschichte ehemaliger Bewohner eines von Landauer entworfenen Hauses, der Familie Karl Kunreuther.

Begleitprogramm zur Ausstellung:

27. Oktober 2002
Die Augsburger Synagoge als Gesamtkunstwerk
Exkursion zu den Landauer-Bauten in Augsburg (Anmeldung: 0911-770577)

19. November 2002, 19.30 Uhr
Der Architekt Fritz Landauer - Leben und Werk
Dr. Sabine Klotz, Architekturmuseum Schwaben, Augsburg

21. Januar 2003, 19.30 Uhr
Tempel und Zelt. Formen der Synagoge
Prof. Wolfgang Lorch, Wandel, Hoefer, Lorch & Hirsch, Saarbrücken
(Veranstaltet in Zusammenarbeit mit bauLust e.V., Nürnberg)

11. Februar 2003, 19.30 Uhr
Die Juden in der bayerischen Armee
Dr. Wolfgang Schmidt, Militärgeschichtliches Forschungsamt, Potsdam

Jüdisches Museum Franken in Fürth
Königstrasse 89
D-90762 Fürth
Tel ++49-911-9774853
Open Sun-Fri 10 am - 5 pm, Thu 10 am - 8 pm
http://www.juedisches-museum.org

hagalil.com 21-10-02


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