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Barenboims Wagner-Aufführung:
"Walküre" erregt die israelischen Gemüter

Wieder einmal sorgt eine Wagner-Aufführung in Israel für Aufregung. Daniel Barenboim, Chefdirigent des Chicago Symphony Orchestra und Leiter der Deutschen Staatsoper Berlin, plant, Richard Wagners "Walküre" während des Israel-Festivals am 7. Juli aufzuführen.

Wagner gilt bei vielen Kritikern als Wegbereiter des modernen Antisemitismus. Hitler verehrte seine Musik und sah in als großes Vorbild. Wagner selbst verfaßte eine scharfe antisemitische Hetzschrift mit dem Titel "Das Judentum in der Musik".

Über 50 Jahre lang wurden in Israel keine Wagner-Stücke aufgeführt, als gebe es ein unausgesprochenes Tabu, an das sich alle halten. Erst in den vergangenen Jahren hat es bei einigen Musikern und Dirigenten ein Umdenken gegeben, so dass mittlerweile regelmäßige Rundfunkübertragungen zu hören sind. Letzten Herbst hatte der israelische Dirigent Mendi Rodan, selbst ein Überlebender der Shoah, einige Wagner-Stücke aufgeführt. Begleitet von starken und emotionalen Protesten.

Mit der Barenboim-Aufführung befaßte sich diese Woche eine Sondersitzung des israelischen Parlaments. Knesseth-Präsident Avraham Burg forderte die Veranstalter des Festivals auf, die geplante Aufführung abzusetzen. Der Likud-Abgeordnete Avraham Hershson appellierte an Barenboim "im Namen der 300.000 Holocaust-Überlebenden in Israel", "seine jüdischen Wurzeln nicht zu vergessen und zu bedenken, dass die Juden begleitet von Wagner-Musik in die nationalsozialistischen Gaskammern geführt wurden".

Die Sondersitzung war auch deswegen zustande gekommen, weil beim Obersten Gerichtshof Israels zwei Anträgen auf einstweilige Verfügung gestellt wurden, von einem einzelnen Shoah-Überlebenden und dem Simon-Wiesenthal-Zentrum. Letzten Herbst, bei der Debatte um die Aufführung des "Siegfried-Idylls", hatte das Gericht ähnliche Anträge jedoch abgelehnt.

Daniel Barenboim hält trotz der Proteste an der Aufführung im Juli fest. In einer Stellungnahme sagte er, er wolle keineswegs missionarisch für Wagner kämpfen. Er sehe darin jedoch einen Fall, bei dem sich Israel als Demokratie definieren könne und solle: "Keiner sollte hier einem anderen verbieten, Wagners Musik zu hören oder zu spielen."

Trotz seines "Verständnis und Mitgefühls für alle Überlebenden des Holocaust", wies er darauf hin, dass die Opern Wagners im Gegensatz zu seinen Schriften nicht antisemitisch seien. Er verstehe jedoch die Gefühle der Überlebenden und wolle diese nicht verletzen. Die "Walküren"-Aufführung finde daher auch nicht im Rahmen eines Abonnement-Konzerts statt, da klar sein müsse, dass es sich um ein außerordentliches Ereignis handelt.

In Israel gibt es jedoch mittlerweile auch ein breites Lager, das die Enttabuisierung Wagners befürwortet. Die Werke Wagners werden heute schließlich wegen ihrer musikalischen Genialität und nicht wegen des germanischen Mythos verehrt, so die israelische Tageszeitung haAretz. Die Musik nicht zu spielen wäre, wie gleich einer Ablehnung genetischer Forschung, weil die Nationalsozialisten einer fanatischen Rassenideologie anhingen.

Wichtiger erscheint jedoch die Frage, wer dazu qualifiziert ist, im Namen der Holocaust-Opfer darüber zu entscheiden, ob Wagners Musik heute gespielt werden darf oder nicht. Und vor allem: Sind die Gründe für ein Verbot wichtiger als das freie Recht der Israelis zu entscheiden, ob sie die Musik hören möchten oder nicht?

Die Diskussionen und Proteste um die Aufführung lassen in jedem Fall die Kassen klingeln. Die Leitung des Israel-Festivals teilte mit, das trotz der relativ hohen Preise bereits fast die Hälfte der Karten verkauft worden sind.

haGalil onLine 09-05-2001

 


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