Lag baOmer:
Der erste Haarschnitt
(chalakah wörtl. "glatt scheren")Von
Iris Noah
Bei sephardischen und chassidischen Juden gibt
es den Brauch, daß an Lag ba Omer (33. Tag der
Omer-Zeit) einem dreijährigen Jungen zum ersten Mal die Haare
geschnitten werden. Die erste Erwähnung einer Chalakah geht auf das
16. Jahrhundert zurück. Rabbi Chaim Vital erzählte, daß sein Lehrer
"Isaak Luria seinem Sohn die Haare schnitt wie es nach einem alten
Brauch üblich war".
Lag b' Omer ist die Jahrzeit (Wiederkehr des
Todestages) von Rabbi Schimon bar Jochai (gest. 150 n.d.Z.), dem
Verfasser des Sohar, dem zentralen Werk jüdischer Mystik. Er soll
seine mystischen Lehren am Lag b' Omer seinen Schülern enthüllt
haben. An seinem Grab am Berg Meron begehen viele sephardische und
chassidische Familien das Fest mit Lagerfeuern, Grillfesten und dem
ersten Haarschnitt für dreijährige Jungen. Er markiert einen
Lebensübergang, nämlich den Beginn des Torahlernens für den Jungen.
Im Inneren der El Ghriba Synagoge, Djerba, vor den
Lag ba Omer
Feierlichkeiten
© Beth Hatefutsoth, The
Museum of the Jewish Diaspora, Tel Aviv
and Photographer Jan Parik
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Traditionelle Lag ba Omer
Feier in der El Ghriba Synagoge auf Djerba, 1981
© Beth Hatefutsoth, The Museum of the Jewish Diaspora, Tel Aviv
and Photographer Jan Parik |
Die Grundlage für diesen Brauch leitet sich aus
Dewarim 20,19 (5 Mose 20,19) und Vajikra 19,23-27 (3 Mose 19,23 -27)
ab:
5 Mose 20,19: "Denn ein Mensch ist wie ein Baum
des Feldes ..."
3 Mose 19,23- 24:
Und wenn ihr in das Land kommt und allerlei nährenden Baum
pflanzt, so sollt ihr als Wildtrieb behandeln sein Ungelöstes,
seine Frucht; drei Jahre soll sie euch als ungelöst (nicht
beschnitten) gelten; sie soll nicht gegessen werden
3 Mose 19,27:
"... Ihr sollt den Rand eures Hauptes nicht runden, und du sollst
nicht zerstören den Rand deines Kinnbarts"
So wie man die ersten drei Jahre die Früchte eines
Baumes nicht pflückt und ißt, so wird auch die ersten drei Jahre das
Haar eines Jungen nicht geschnitten. Der erste Haarschnitt ist auch
eine Gelegenheit dem Kind das Gebot zu vermitteln, daß die
Schläfenlocken (Pejes, Pejot) nicht abgeschnitten werden. So wie die
Vorhaut des Penis, die am 8. Lebenstag beschnitten wird, so werden
auch die Früchte des Baumes in den ersten drei Jahren im Hebräischen
mit dem Wort "orlah" bezeichnet.
Orlah kommt in ganz unterschiedlichen
Zusammenhängen in den biblischen Texten (Torah und Propheten) vor:
Moses, der eine Sprachbehinderung hatte, sagt von sich "ich bin
ungelöster Lippen" (aral sefatajim) 2 Mose 6,12.
Diejenigen, denen das Vertrauen in den Bund, den G-tt geschlossen
hat, fehlt, werden an einigen Stellen als Menschen mit
"unbeschnittenem Herzen" (orlat halev) wie in 3 Mose 26,41, 5 Mose
10,16 oder Jeremia 9,25 bezeichnet, an anderen Stellen auch als
ungeöffnete bzw. unbeschnittene Ohren (orlah osnaim) wie in Jer
6,10.
Rabbiner Samson Raphael Hirsch führt diese Analogie weiter, indem er
sich auf Haare als "orlat harosch" (wörtlich: unbeschnittenes Haupt)
bezieht und den ersten Haarschnitt als symbolische Entfernung von
allem deutet, was das Verstehen (der Torah) einschränken oder
behindern könnte.
Der erste Haarschnitt (chalakah) ist der
3."Einschnitt", den ein jüdischer Junge auf dem Weg in die jüdische
Gemeinschaft erlebt. - nach dem Durchtrennen der Nabelschnur sowie
der Beschneidung am 8. Lebenstag. Darin drückt sich auch der Weg von
der privaten Sphäre in die öffentliche Sphäre aus - der Weg von der
Mutter in den - aus traditioneller Sicht - Bereich der Männer mit
der damit verbundenen Verantwortung für das Lernen der Torah. Ab
diesem Zeitpunkt trägt jeder orthodoxe Jude die Kippah.
Der erste Haarschnitt markiert im traditionellen
Judentum den Beginn eines neuen Lebensabschnittes, nämlich den
Beginn des (bewußten) jüdischen Lernens - der eigentlichen jüdischen
Erziehung. Anläßlich der Chalakah wird auch ein Geldbetrag für
wohltätige Zwecke (zedakah) gegeben. Dieser kann sich nach dem
Gewicht des abgeschnittenen Haares richten oder jeder, der eine
Haarsträhne abgeschnitten hat, gibt etwas nach seinem Ermessen.
Ein wichtiger Teil des Rituals ist es, den Jungen
mit den Buchstaben des hebräischen Alphabets bekanntzumachen. Jeder
Buchstabe wird vorgesprochen, dann wiederholt ihn das Kind. Um zu
zeigen, daß das Torahlernen süß ist, bekommt der Junge Honigkuchen
oder er darf eine Tafel ablecken auf der die Buchstaben des Alefbeth
mit Honig geschrieben sind.
Außerhalb der sephardischen und chassidischen
Gemeinschaften wird der erste Haarschnitt am 3. Geburtstag des
Jungen oder am darauffolgenden 7. Adar, dem Todestag von Moses,
begangen.
Die Fotos vom ersten Haarschnitt hat Margrit
Schmidt zur Verfügung gestellt. Sie zeigen eine Chalakah, die 5753 /
2002 in der
Synagoge Joachimstaler Straße
in Berlin stattfand.
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Zum Weiterlesen:
Jüdische Religion
Glossar jüdischer
Begriffe
Synagoge Joachimstaler Straße Berlin
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19-05-03 |