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Parschat Ki Teze
Nimm dir eine Frau ...
Es gibt erfreuliche Anzeichen dafür, dass die Menschen unserer
Zeit Beziehungen, Verantwortung und Engagement besser zu
verstehen beginnen. Die Zahl der minderjährigen Mütter ist in
den USA auf dem niedrigsten Stand seit Jahrzehnten. Jugendliche
nehmen die Ehe ernster, sind bereit zu warten und eilen nicht
zur Chupa, nur weil alle ihre Freunde es tun oder weil die
Eltern Enkel haben möchten.
Natürlich kann man diese Statistiken auch anders lesen. Ist es
nicht besser, wenn unsere Kinder früh heiraten, damit sie ein
langes, erfülltes Leben in einem gemütlichen, sicheren Heim
haben? Sollen sie die Ehe und die Gründung einer Familie nicht
über alles andere stellen — über eine schnelle Karriere, Partys
und Hobbys ohne Verantwortung für andere? Macht die Ehe das
Leben nicht stabiler, gibt sie ihm nicht bessere Ziele? Doch.
Wir befinden uns also mitten in einer gesellschaftlichen
Umwälzung und wissen nicht, ob sie gut oder schlecht ist. Und
wir wissen erst recht nicht, wie wir uns verhalten sollen. Es
macht uns demütig, wenn wir erkennen, wie gering unser Einfluss
auf die gesamte Gesellschaft ist. Solche Trends überschwemmen
uns wie die Gezeiten, ohne Rücksicht auf unsere kümmerlichen
Versuche, sie aufzuhalten.
Oder können wir doch etwas tun? Diese Woche lesen wir Parschat
Ki Teze, in dem viele Gebote über die Ehe stehen. Interessant
ist, dass Mosches Hand in diesem Abschnitt nicht erkennbar ist.
So groß er auch war, wir sollten nicht annehmen, er sei die
einzige treibende Kraft auf Erden gewesen, die jene Umwälzungen
auslöste, welche die Welt dem Judentum verdankt.
Was die Torah über Mann und Frau sagt, erinnert uns an die
moralische und spirituelle Kraft jedes Menschen. Selbst wenn
Mosche nicht da ist, muss jeder Mensch sein eigenes spirituelles
Vorbild sein. Denn das ist eine weitere wichtige Lehre des
jüdischen Denkens: Wir lernen von unseren Rabbis und Weisen;
doch letzten Endes muss unsere Seele diese Lehren in die Tat
umsetzen. Und es ist bedeutsam, dass ausgerechnet ein Kapitel
ohne Mosche sich speziell mit der Familie befasst und mit ihrer
wichtigen Rolle in der Gemeinschaft.
Welchen Einfluss haben wir also auf die Gesellschaft? Wir können
sie voranbringen! Wir können zwar nicht bestimmen, was
jetzt
geschieht, wohl aber was in der Zukunft geschieht. Welchen
Ehepartner wir wählen, wie wir mit der Familie umgehen, wie wir
unsere Kinder erziehen: das alles hat Einfluss darauf, wie die
Gesellschaft in Monaten und Jahren sein wird.
Sie brauchen gar nicht zu wissen, wie groß Ihre Einfluss genau
ist. Aber Sie sollten sicher sein, dass es ein guter Einfluss
ist. Wenn Sie die Torah studieren, die Mizwot einhalten und auf
Ihre Seele hören, bleiben Sie mit der Torah verbunden ... und
das stärkt Ihre Ehe und Ihre ganze Umwelt.
Der Standpunkt des Rebbe
Gedanken und Einsichten des Lubawitscher Rebbe
Es gibt nur eine Möglichkeit, die Menschen der Wahrheit näher zu
bringen – den Freund, den Ehepartner, ein Kind oder einen
Fremden. Das gelingt nicht mit Vorwürfen, Streit oder
intellektuellen Spielchen, sondern nur indem wir andere mit
dicken Seilen der Liebe ziehen, indem wir ihnen zeigen, dass wir
an sie glauben, und indem wir handeln.
Leitgedanken
„Ihr sollt die Erinnerung an Amalek unter dem Himmel vertilgen,
ihr sollt nicht vergessen“ (25:19).
Frage: Warum befiehlt die Torah uns nur bei dieser Mizwa — die
Erinnerung an Amalek zu tilgen —, „Ihr sollt nicht vergessen“?
Antwort: Die Juden verließen Ägypten aufgeregt und voller
Ehrfurcht vor Haschem, nachdem sie seine Größe und seine Wunder
erlebt hatten. Amalek wollte ihre Begeisterung dämpfen und dafür
sorgen, dass sie Haschem vergaßen. Das haben die Feinde des
jüdischen Volkes im Laufe der Geschichte immer wieder versucht.
Außerdem gibt es auch einen Amalek in uns, unsere
jeizer hara, die ständig versucht, uns „abzukühlen“ und von
Haschem zu lösen.
Die Worte lo tischkach
(„Ihr sollt nicht vergessen“) sind kein Gebot, sondern ein
Versprechen der Torah: Wenn ihr auch bemüht, die Erinnerung an
Amalek zu vertilgen - sowohl an den Amalek, der das ganze
jüdische Volk vernichten will, als auch an den Amalek in uns
allen -, dann bleibt ihr immer mit Haschem
verbunden und werdet Seine Größe keinen Augenblick
vergessen.
Das
Weinen eines Kindes
Als Rabbi Dow Ber von Lubawitsch noch ein junger Mann war, lebte
er im selben Haus wie sein Vater, Rabbi Schneur Salman. Rabbi
Dow Ber und seine Familie bewohnten das Erdgeschoss, Rabbi
Schneur Salman den ersten Stock.
Eines Abends, als Rabbi Dow Ber ganz in seine Studien versunken
war, fiel sein jüngstes Kind aus der Krippe. Der Vater hörte
nichts. Aber Rabbi Schneur Salman, der in seinem Zimmer im
ersten Stock ebenfalls in seine Studien vertieft war, hörte das
Weinen des Kindes. Der Rebbe eilte nach unten, hob das Kind auf,
tröstete es, legte es in die Krippe zurück und wiegte es in den
Schlaf. Rabbi Dow Ber merkte von alldem nichts.
Später ermahnte der Rebbe seinen Sohn: „Einerlei, wie spirituell
deine Beschäftigung ist, du darfst nicht das Weinen eines Kindes
überhören!“
hagalil.com
15-08-02 |