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Parschat Wajera
Bei wem ist er?
Aufmerksame Menschen bewundern oft die Leistungen der Juden
in der modernen Welt. Sie sind erstaunt darüber, dass ein so kleines Völkchen
auf so vielen Gebieten seine Spuren hinterlässt - in den Künsten und
Naturwissenschaften, in der Bildung und im Recht, in der Politik und im Handel
... und ab und zu gibt es sogar einen Greenberg oder Spitz im Sport. Man könnte
viele Gründe für diesen Erfolg anführen. Aber darum geht es hier nicht. Wir
wollen vielmehr untersuchen, was Juden nicht sind.
Es herrscht oft Unklarheit darüber, was ein "auserwähltes
Volk" wirklich ist. Wir sind nicht auserwählt, um die Physik zu revolutionieren,
den Broadway zu beherrschen, einen Sitz im höchsten amerikanischen Gericht zu
erringen oder einen Weltrekord über 200 Meter Schmetterling aufzustellen. Es ist
schön, über solche Errungenschaften nachzudenken; aber es ist nebensächlich. Wir
wurden aus einem ganz einfachen Grund auserwählt: um der Welt die Torah zu
bringen.
Und wenn Sie überlegen, welchen Einfluss die Torah hatte und
hat - die Überzeugungskraft des Monotheismus, die allgemeine Anerkennung für
ihre Ideen und ihre Poesie, die Übernahme ihrer Gebote in die meisten
Gesellschaften -, wird Ihnen klar, dass alle unsere sonstigen Erfolge damit
nicht zu vergleichen sind. Zur Zeit unserer biblischen Ahnen wusste die
umliegende Welt nicht, dass Heiligkeit und der g-ttliche Geist in jedem Menschen
wohnen können. Heute gilt das auf der ganzen Welt als Tatsache.
Wir müssen unbedingt daran denken, dass wir nicht nur
auserwählt wurden, um Juden zu sein, sondern auch, um das Judentum zu leben. Nur
dann können wir der Welt die Torah bringen. Und noch etwas ist wichtig: Wir
lebten und leben immer unter Menschen, die keine Juden sind und G-ttes Liebe
dennoch genau wie wir empfangen.
Das zeigt Wajera, der neue Wochenabschnitt, deutlich. Er
schildert viele Ereignisse, die wir alle kennen: G-tt verkündet, dass Abraham
und Sara im hohen Alter ein Kind haben werden; Jizchak liegt auf dem Opferaltar;
Sodom und Amorra werden vernichtet und so weiter. Es ist entschuldbar, wenn
Ihnen ein anderer wichtiger Aspekt von Wajera entgangen ist: G-tt segnet auch
Abrahams ersten Sohn Ischmael!
Bevor G-tt Abraham und Sarah einen Sohn schenkte, hatten
Abraham und seine Magd Hagar ebenfalls einen Sohn namens Ischmael. Obwohl er
nicht die Geburtsrechte erwarb, die dem Sohn von Abrahams Frau zustanden, war
Ischmael kein unbedeutender Mensch. Hagar und ihr Kind werden von Beer-Scheba,
wo Abraham lebte, nach Paran geschickt. Aber unterwegs geschieht etwas
Erstaunliches: Der H-rr spricht zu Hagar. Wir sind daran gewöhnt, dass er Leute
wie Adam, Eva oder Noach anspricht. Aber es überrascht uns, dass er auch zu
einer Frau redet, die eben erst in die Wildnis geschickt wurde und die keine
jüdische Matriarchin war. Und G-tt sagt zu ihr über Ischmael: "Ich werde ein
großes Volk aus ihm machen." Dann heißt es in der Torah: "G-tt war mit dem
Jüngling."
Er ist bei uns allen, immer. Die Torah sagt, dass G-tt seinen
Mantel über alle ausbreitet; darum behandelt er Hagar und Ischmael so gütig und
liebevoll. Was also müssen wir tun, und wofür wurden wir auserwählt? Wir müssen
diese Botschaft weiter verbreiten. Denn G-ttes Liebe beeinflusst unser Leben
nur, wenn wir uns ihrer bewusst sind und wenn wir seine Mizwot befolgen.
Leitgedanken
"Und er sagte ... angenommen, dort sind zehn (Zadikim)?
(Würdest du dann davon absehen, die Stadt zu zerstören?) (18:32).
Frage: Sodom war nicht weit von Abrahams Wohnort entfernt.
Wieso kannte er die Zadikim von Sodom nicht?
Antwort: Die Einwohner von Sodom waren große Sünder. Güte und
Rechtschaffenheit waren gegen ihre Gesetze! Leute, die Fremde aufnahmen oder den
Armen halfen, wurden sofort umgebracht. Ein Zadik hätte dort nur ganz heimlich
leben können. Darum sagte Abraham zu Haschem: "Vielleicht leben dort einige
Zadikim im Verborgenen, ohne dass ich es weiß. Aber du kennst sie gewiss. Bitte,
verschone die Stadt ihnen zuliebe."
Der Standpunkt des Rebbe
Gedanken und Einsichten des Lubawitscher Rebbe
Meine Aufgabe besteht nicht darin, andere Menschen
wegzustoßen, sondern darin, sie näher heranzuziehen. Wenn jemand verstoßen
werden muss, dann soll das ein anderer tun.
Eine wichtige Mizwa
Rabbi Elimelek von Lisensk war ein geliebter und berühmter
Rebbe. Wo immer er hinging, überall war er willkommen, und man verabschiedete
ihn in allen Ehren. Juden aus der ganzen Gegend strömten herbei, um seinen Segen
zu empfangen oder wenigstens sein heiliges Gesicht zu sehen und davon inspiriert
zu werden.
Einmal verließ Rabbi Elimelek eine Stadt, und alle gingen auf
die Straße, um ihn noch einmal zu sehen. Als er sich in seiner Kutsche umdrehte,
sah er die Menschenmenge hinter dem Wagen. Plötzlich wies er den Kutscher an zu
halten. Dann stieg er aus und schloss sich der Menge an.
"Was ist los, Rabbi?" fragten die Leute. "Warum geht Ihr zu
Fuß?"
Lächelnd antwortete er: "Ich habe gesehen, wie diese vielen
Juden eifrig bemüht sind, einen Gast würdig zu verabschieden, und ich hatte
einfach Lust, mich an dieser wichtigen Mitzwa zu beteiligen!"
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25-10-02 |