Martin Luther King:
Brief an einen
antizionistischen Freund
"... Du erklärst, mein Freund, dass Du kein Judenhasser, sondern bloß
"Antizionist" bist. Und ich sage, lasse die Wahrheit von hohen
Berggipfeln erklingen, lasse sie in allen Tälern der grünen Erde Gottes
wiederhallen: Wenn Menschen Zionismus kritisieren, meinen sie Juden –
dies ist Gottes eigene Wahrheit.
Antisemitismus, der Hass auf das jüdische Volk, war und bleibt ein
dunkler Fleck auf der Seele der Menschheit. In dieser Hinsicht sind wir
einer Meinung. Und Du sollst wissen: Antizionismus ist dem Wesen nach
antisemitisch und wird es immer sein.
Warum? Du weißt, dass Zionismus nichts Geringeres, als der Traum und das
Ideal des in sein eigenes Land zurückkehrenden jüdischen Volkes ist. Das
jüdische Volk, lehrt uns die Heilige Schrift, lebte einst glücklich in
einem blühenden Staat im Heiligen Land. Von dort ist es von Römischen
Tyrannen vertrieben worden, von den gleichen Römern, die Unseren Herrn
grausam ermordet haben. Vertrieben aus seiner Heimat, sein Land in
Schutt und Asche gelegt, gezwungen, durch die ganze Welt zu wandern,
litt das jüdische Volk unter der Knute jeden Tyrannen, der gerade über
es herrschte.
Das Volk der Schwarzen, mein Freund, weiß, was es bedeutet, die Qualen
der Tyrannei von Herrschern, die wir nicht gewählt haben, zu ertragen.
Unsere Brüder in Afrika haben um die Anerkennung und Verwirklichung
unseren natürlichen Rechts, in Frieden unter unserer eigenen
Souveränität in unserem eigenen Lande zu leben, gefleht, um sie gebeten,
sie gefordert – nach ihr VERLANGT.
Wie einfach sollte es doch jedem, der dieses unveräußerliche Recht aller
Menschen schätzt, fallen, das Recht des jüdischen Volkes, in seinem
alten Land Israel zu leben, zu verstehen und zu unterstützen. Alle
wohlwollenden Menschen jubeln über die Verwirklichung des Versprechen
Gottes, Sein Volk in Freude zurückkehren zu lassen, um sein geplündertes
Land wiederaufzubauen. Dies ist Zionismus, nicht mehr und nicht weniger.
Und was ist Antizionismus? Die Verweigerung dem jüdischen Volke eines
Grundrechts, das wir mit Recht für die Völker Afrikas verlangen und
allen anderen Völkern der Welt zugestehen. Die Diskriminierung von
Juden, mein Freund, weil sie Juden sind. Kurz gesagt, es ist
Antisemitismus.
Der Antisemit freut sich über jede Gelegenheit, seiner Bosheit freien
Lauf zu lassen. In der westlichen Welt ist es mit der Zeit aus der Mode
gekommen, sich zum Hass auf Juden offen zu bekennen. Der Antisemit muss
deshalb ständig nach neuen Formen und Zuhörerschaften für sein Gift
suchen. Wie sehr er diese neuen Maskerade genießt! Er hasst keine Juden,
er ist bloß "Antizionist"!
Mein Freund, ich beschuldige Dich nicht des absichtlichen
Antisemitismus. Ich weiß, dass Du, genau so wie ich, eine aufrichtige
Liebe für Wahrheit und Gerechtigkeit und eine Abscheu gegen Rassismus,
Vorurteile und Diskriminierung empfindest. Aber ich weiß, dass Du – wie
manche andere – in Deinem Glauben, zugleich "Antizionist" sein und den
Grundsätzen, die Du und ich teilen, treu bleiben zu können, fehlgeleitet
bist. Lass meine Worte in den Tiefen Deiner Seele wiederhallen: Wenn die
Menschen Zionismus kritisieren, meinen sie Juden – Du sollst hier keinen
Fehler machen."
(Quelle:
www.projectonesoul.com/durban_king.htm
, Nach: M.L. King Jr., "Letter to an Anti-Zionist Friend",
Saturday Review XLVII (Aug. 1967), p. 76. Nachgedruckt in: M.L. King
Jr., This I Believe: Selections from the Writings of Dr. Martin Luther
King Jr. (New York, 1971), pp. 234-235.)
hagalil.com / 21-02-2002 |