Strafverfahren vorläufig eingestellt:
Das umkämpfte Herzl-Zitat
Das Bezirksgericht Salzburg hat das Strafverfahren gegen den
Künstler Wolfram P. Kastner wegen des angeblichen Vergehens der
Sachbeschädigung vorläufig eingestellt. Im Rahmen der Leitung
einer Klasse an der Sommerakademie für Bildende Kunst
nahmen Kastner, Martin Krenn
und die Studierenden eine "handschriftliche
Vervollständigung" eines Zitates von Theodor Herzl vor, das die
Stadt Salzburg stolz auf einer Marmortafel angebracht hatte.
"In Salzburg brachte ich einige der glücklichsten Stunden meines
Lebens zu" war dort zu lesen. Den entscheidenden Nachsatz "Ich
wäre auch gerne in dieser schönen Stadt geblieben, aber als Jude
wäre ich nie zur Stellung eines Richters befördert worden"
ergänzten Kastner und seine Klasse per Hand.
Erst nach einem breiten internationalen Medienecho und der
Intervention des Bundespräsidenten fand man sich in Salzburg
bereit, das Zitat zu vervollständigen. Im Moment ist die Tafel
ganz verschwunden. Gegen Kastner lief ein Strafverfahren.
Dieses kam nun zu einem vorläufigen Ende, indem man den Weg
"Diversion" wählte, also der vorläufigen Einstellung gegen
Auflage einer "Probezeit" von einem Jahr. „Ein ordentlicher
Freispruch wäre zwar angemessener gewesen. Ich werde aber
dennoch nicht von meinem Recht Gebrauch machen, zu diesem Zweck
die "Fortsetzung des Strafverfahrens zu verlangen" und damit den
unnötigen öffentlichen Kosten, die durch das falsche Zitieren
und die unkluge Rechthaberei der Landesregierung entstanden,
weitere Kosten hinzufügen - auch wenn das von der Sache her weit
mehr berechtigt wäre", kommentiert Kastner die Entscheidung.
Es bleibt zu hoffen, daß die Stadt zumindest eine Lehre aus den
Vorfällen gezogen hat und sich derartige Peinlichkeiten nicht
wiederholen. Unterdessen warten wir gespannt auf die neue
Gedenktafel.
aue /
hagalil.com
04-09-02 |