Quasi una Fantasia:
Guido Adlers Solidarität im Hilsner Fall
Von Petr Vasicek
Trotz der wütenden Reaktionen österreichischer
Patrioten auf meine sachlich vorgetragene, objektive
Kritik eines
Buches des Böhlau-Verlages über antisemitisches Wien um 1900 und
des damit verbundenen Frustes, erlaube ich mir, auf die vom 14. Mai
bis 21. September 2003 im Jüdischen Museum Wien ablaufende
Ausstellung mit dem oben genannten Titel und der Unterschrift "Juden
und die Musikstadt Wien" hinzuweisen.
Eine längst fällige Aufarbeitung dieses allzu
tristen Kapitels der Musik- und Stadtgeschichte, die sicherlich eine
gute Einführung in die Thematik bildet und auch eine gewisse
Abarbeitung der eklatanten fachliche Defizite des ausstellenden
Museums darstellt. Ganz besonders hinweisen möchte ich hier auf den
Musikologen Guido Adler: Ihm waren bei der Internationalen
Mahler-Konferenz im tschechischen Jihlava 2000 (Sammelband zu
beziehen über muzeum@muzeum.ji.cz) einige Beiträge gewidmet, die
sein Wirken für Gustav Mahler in Jihlava und später in Wien
illustrierten.
Weniger bekannt bleibt, dass Adler der einzige
Kollege Masaryks war, der ihm im Kampf gegen den antisemitischen
Ritualmordwahn in der Causa Hilsner seine Solidarität bekundete. Das
betreffende Schreiben befindet sich im Prager Masaryk-Archiv, wurde
in Jihlava abgedruckt.
Andere Universitätsprofessoren schwiegen, in Prag
wie in Wien, oder waren - darunter sogar jüdische! - überzeugt, dass
eine osteuropäische jüdische "Sekte" (A. Zucker) sicherlich
Ritualopfer betreibe.
Dass sich zum Ende des 1. Weltkriegs Adler
deutschnational artikulierte, war eine Ironie des Schicksals, die
ihn Jahrzehnte später in grausamer Art und Weise ereilte.
Das Jüdische Museum Wien, für das Leopold HILSNER
nie ein Thema war, scheint die bisherigen Fehler korrigieren und den
richtigen Weg einschlagen zu wollen. Auguri!
hagalil.com
14-05-03 |