1998 brachte Kastner in Nürnberg einen schwarzen Fleck auf dem
Hauptmarkt zur Erinnerung an die dortigen Bücherverbrennung vom
10. Mai 1933 an. Im Juni d. J. realisierte er eine Aktion vor
dem Kölner Dom zur dortigen "Judensau".
Neues Objekt einer öffentlichen Kunstaktion wird die St.
Sebaldkirche in Nürnberg. Dort befindet sich am Südostchor
ebenfalls eine antijüdische Hohnskulptur, eine sog. "Judensau"
aus dem 14. Jahrhundert. Dieses steinerne Dokument der
menschenverachtenden und gewalttätigen Geschichte des
Christentums symbolisiert eine Tradition in Deutschland, die im
Auschwitzsystem und dem Mord an Millionen europäischen Juden
kulminierte.
Das christliche Schmähwort "Judensau", das mit einigem Recht
als christliche Sauerei bezeichnet werden kann, wurde zu einem
stehenden Begriff, den die deutschen Antisemiten und Nazis
selbstverständlich übernehmen konnten. Dieses Zeugnis des
mörderischen deutschen Antisemitismus, der leider fortbesteht,
ist noch immer - öffentlich unkommentiert - zu sehen; ebenso wie
in 28 weiteren deutschen oder ehemals deutschen Kirchen.
Nur in Wittenberg wurde eine Tafel am Boden hinzugefügt, die
eine Distanzierung vom niederträchtigen Geist dieser Skulptur
enthält. In etlichen Städten wurden in Phasen der
Liberalisierung solche Skulpturen entfernt (z.B. in Salzburg),
weil man sich von dem inhumanen christlich-fundamentalistischen
Geist distanzierte. In Nürnberg wurde sowohl die Entfernung als
auch die öffentlich sichtbare Distanzierung oder Kommentierung
abgelehnt.
Ein erst kürzlich erschienenes Faltblatt ist nur in der Kirche
und nur in deutscher Sprache erhältlich. Die Information gehört
sicher dorthin, wo das verletzende Hohnbild sich befindet, oder
aber dieses Machwerk dorthin, wo die Information ausliegt!
In dieser Zeit, wo Antisemitismus und die Ausgrenzung anderer
in Deutschland sich ausbreiten, ist eine öffentliche
Diskussion und Distanzierung davon - gerade von den
Kirchen - in jedem Falle erforderlich, um die Wahrnehmung und
die Sensibilität zu diesem Thema anzuregen.
Wolfram P. Kastner und Günter Wangerin führen mit dieser
Zielsetzung am 4. Oktober 2002 um 11.00 Uhr an der
Sebalduskirche eine öffentliche Kunstaktion durch.
Außerdem schlagen sie die Einrichtung einer dauerhaften
Denkstätte mit Information, Kommentar und Distanzierung an der
Kirche unmittelbar vor der Nürnberger "Judensau" vor. Die
verantwortlichen Stellen der evang.-luth. Kirche in Nürnberg
wurden informiert und um ihre Unterstützung gebeten.
Weitere Informationen:
www.wolframkastner.kulturserver.de