Klappe, die fünfte:
Die alte Leier im Jüdischen
Museum Fürth
Mal wieder gibt es Ärger um das
Jüdische Museum Fürth. Mal wieder wird dem Museum Judenhetze und
Antisemitismus vorgeworfen. Mal wieder sind es die örtlichen jüdischen
Gemeinden, die mit dem Konzept, einer Ausstellung, einer Veranstaltung
des Museums nicht zurechtkommen und sich nicht anders zu helfen wissen,
als den Vorwurf der mangelnden Sensibilität aufzubringen.
Anlaß für die jüngsten Proteste ist die
Satire-Ausstellung "Feinkost Adam", die noch bis 16. Juni im
Museum zu sehen ist. Die Künstlerin Anna Adam hat dreizehn Installation
im Museum verteilt, die man sehen, fühlen und schmecken kann. Die Art
der Darstellung jüdischer Gebräuche und Ritualgegenstände erniedrige
jüdische Religion und vertiefe damit bestehende Vorurteile gegen Juden,
behauptet die jüdische Gemeinde Nürnberg in einem veröffentlichten
Protestschreiben, das an die Presse ging.
Völlig haltlos finden Künstlerin und Museumsleitung diese Vorwürfe. In
einer gemeinsamen Pressekonferenz äußerten sich Anna Adam und Direktor
Bernhard Purin zu den Protesten. Die Künstlerin betonte, daß keiner der
Gegner sich die Mühe gemacht habe, die Ausstellung anzuschauen. Mit
Ausnahme des Fürther Rabbiners Netanel Wurmser, der sich in einem
10-minütigen Besuch einen Überblick über die Exponate verschaffte. In
einem Brief an den Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde Nürnberg, Arno
Hamburger, zeigt er sich daraufhin entsetzt über "Spott und Schmach". Er
frage sich ernsthaft, "wie wir dies als Post-Holocaust-Gemeinden
verdient haben".
Mit dieser Aussage offenbart sich der Kern des ganzen Konfliktes, nicht
nur zwischen Anna Adam und der Gemeinde, sondern dem Museum als Ganzen
und der jüdischen Gemeinde in Fürth. Es ist die alte Diskussion um die
Darstellung des Holocausts und die Auseinandersetzung mit diesem dunklen
Teil der deutsch-jüdischen Geschichte. Das Museum bietet zu wenig
Holocaust für den Geschmack der Gemeinde, Museumsleiter Purin möchte die
Präsentation des Holocausts dagegen bewußt zurückstellen.
Judentum soll eben nicht auf den Holocaust reduziert werden, im
Gegenteil. Das Museum versucht stets die Vielfältigkeit jüdischen Lebens
in den Vordergrund zu stellen. Eine Vielfältigkeit, mit der man in der
orthodoxen Gemeinde Fürth offensichtlich sehr große Probleme hat. Denn
darin eingeschlossen ist auch eine größer werdende Reformbewegung in
Deutschland, zu der sich auch die Künstlerin Anna Adam zählt.
Die neuen Reformgemeinden stehen einem von "nichtjüdischer Klezmermusik
und Bagelstores geprägtem Klischee vom untergegangenen Judentum"
gegenüber, so Anna Adam, "welches das moderne lebendige Judentum in
Deutschland nicht zur Kenntnis nehmen will. Jüdischer Humor wird nur in
Form von pseudo-chassidischen, oft antisemitischen Witzklischees
akzeptiert. Missverständnisse sind jüdischer Alltag in Deutschland.
Diese Klischees werden leider von einigen "Hütern des wahren Judentums"
auch von jüdischer Seite bedient. Sie stehen einer wirklichen Erneuerung
entgegen. Sie ignorieren: Es gibt wieder lebendiges, kreatives jüdisches
Leben in Deutschland."
Der Holocaust wird zum Vorwand für eine Verbissenheit, eine erzwungene
Ernsthaftigkeit, die nichts mit wirklichem jüdischen Leben zu tun hat.
Zum Glück gibt das Jüdische Museum der anderen Seite eine Plattform,
auch wenn das leider nicht zum erwünschten Dialog, sondern zu einer
kopflosen und absurden Anhäufung von Vorwürfen führt.
Ganz davon abgesehen, daß die Ausstellung bereits seit zwei Jahren
existiert, Reaktionen wie in Fürth aber zum ersten Mal geäußert werden,
wäre doch der normale Weg gewesen, zunächst das Gespräch mit dem Museum
oder der Künstlerin selbst zu suchen. Anna Adam hat wiederholt
angeboten, ihre Kritiker persönlich durch die Ausstellung zu führen.
Davon will man aber nichts wissen, sondern veröffentlicht lieber ein
Protestschreiben in der Presse. Banal und leicht zu durchschauen, es
geht einzig und allein darum, dem Jüdischen Museum erneut an den Karren
zu fahren.
Für
einen Selbstversuch "Einmal 24 Stunden lang Jude sein" bietet Anna Adam
den Museumsbesuchern ein Bastelset an. Ob man danach die innerjüdischen
Querelen verstehen kann, sei dahin gestellt.
Die Begleittexte
zu FEINKOST ADAM
Eine Dokumentation zur Ausstellung im jüdischen Museum Fürth
Feinkost Adam© ist von 6. März
bis 16. Juni 2002 zu sehen.
Juedisches Museum Franken in Fuerth
Koenigstrasse 89
D-90762 Fuerth
Tel ++49-911-9774853
Open Sun-Fri 10 am - 5 pm, Thu 10 am - 8 pm
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